Mit Travias Huld und Segen – Der Traviabund
„Sag’ bloß, du willst ihr das Bild einer Gans schenken?!“
„Und dann hat er halt den Schild genommen, was sollte er auch tun, eh?“
„Wenn du so weiter machst, wirst du der Erste in unserer Familie sein, der vorm Travianer vor Schmerz und nicht vor Rührung weint!“
„Dolch und Schild,
Gans und Stock,
Eidmutter frohlock’!“
–Weidener Bonmots, die sich auf den traditionellen Traviabund beziehen
Für den Traviabund entscheiden sich in Weiden vornehmlich Gemeine, die dem Waffenhandwerk gar nicht oder nur im Rahmen ihrer Pflichten als Freie nachkommen. Über die Jahrhunderte hat sich hierzulande eine ganz eigene Form der Hochzeitszeremonie etabliert.
Die enge Verbundenheit mit der Heimat hat wohl dazu geführt, dass Hochzeiten im Herzogtum eine ganz eigene Symbolik und auch Farbigkeit haben, denn Brautleute treten nicht im heiligen Traviaorange vor den Geweihten, sondern in grün und weiß, die Farben des Herzogtums. Es ist die Aufgabe der Familie, ja, der ganzen Sippe, für die Hochzeitskleidung der Braut oder des Bräutigams aufzukommen. Tief grün sind Kleid, Wams, Beinlinge wie Umhänge, weiß hingegen Hemden, Tuniken und Strümpfe. Beides ist aus dem besten Stoff, für den das verfügbare Geld eben reicht. Wochenlang arbeiten Mütter, Väter, Tanten, Onkel, Geschwister und so weiter an liebevoll aufgebrachten Stickereien aus weißem, in wohlhabenden Kreisen auch silbernen oder eben grünen Fäden. Ehedem waren tobrische Klöppeleien sehr beliebt, wenngleich sie die finanziellen Möglichkeiten der meisten Weidener weit überstiegen. Pelzverbrämungen, im Herzogtum sonst recht beliebt, sind bei diesem Anlass jedoch unüblich. Allerdings gilt es als glückverheißend, wenn das Brautpaar jeweils eine Wildgansfeder trägt, die möglichst ein selbst gefundenes Geschenk des anderen ist.
Treten die Brautleute dann fein herausgeputzt vor den Priester, tauschen Braut und Bräutigam traditionelle Geschenke aus. So erhält die Braut von ihrem Bräutigam als Zeichen seiner innigen und herzlichen Liebe das kleine Bild einer Wildgans. Manche dieser Bilder werden von Generation zu Generation an den oder die Erstgeborene weitergegeben und sind teilweise überaus kostbar. Andere wiederum sind schlichte Bildnisse, wie man sie nahe der meisten Traviatempel erstehen kann. Der zukünftige Gemahl erhält von seiner Braut nun einen kleinen Schild, gleich dem eines Ritters. Es zeigt ausnahmslos einen festen Turm und soll ihn daran erinnern, dass er gemeinsam mit seinem Weib den Bedrohungen durch „Namenlose, Orks, Goblins und böse Hexenweibern“ trotzen und die gemeinsamen Kinder vor allem Unbill schützen soll. Auch diese Schilde werden meist an den Erstgeborenen weitergegeben und sind bisweilen wertvolle Kleinodien. Nachgeborene Kinder erhalten eigens für ihre Eheschließung gefertigte Geschenke und zudem den Auftrag, mit ihnen eine neue Erblinie zu begründen, denn das Herzogtum braucht auch fürderhin Freie, die seine Grenzen zu verteidigen wissen.
Nachdem die Geschenke ausgetauscht sind, folgt die eigentliche Vermählung. Ihr Ablauf ist schon in einer Schrift aus den Tagen Herzog Thordenins des Schlauen (43-62 BF) genau festgehalten und wird auch heute weitgehend noch so zelebriert. Wieder ist es hierbei die Familie, die die entscheidenden Handlungen vollzieht, derweil der Priester eher ein Zeuge ist, dem allein der abschließende Segen obliegt:
„Die Mütter der Brautleute greifen nun aber zu einem reich geschnitzten Weidenstocke und schlagen den guten Kindern damit leicht über den Rücken. ‚Sehet, geliebte Kinder’, sagen sie dann, ‚der letzte Schlag gemahne euch an unsere Obhut, unter deren Schutz und Ordnung ihr gelebet, doch bedenket, dass ihr unserer nicht entflohen, als nur mehr in eure eigene gegangen seid.’ Dann übergebe der Vater der Braut den schönen Stock an die Brautleute, die alldieweil äußern, dass der Stock fürder nicht mehr nötig sei, sie ihn aber gleichwohl annehmen, um ihn im heiligen Traviafeuer zu verbrennen und um den Segen der Göttin zu erflehen. Nun führt der Vater des Gemahles einen Hirschfänger gegen das Herz der beiden Brautleute und gemahnt sie, einander aufrichtig und traviagefällig zu lieben und allen Feinden eine tapfere Lehre zu erteilen. Daraufhin stechen sich die Eheleute über dem heiligen Herdfeuer in den vierten, den Traviafinger, vergießen ihr Blut der Göttin zum Gefallen, während sie diese anrufen und verkünden, dass sie hoffen, allzeit in Friedfertigkeit und Glück zu leben, dass sie den Dolch aber gleichwohl unter dem Bette aufbewahren werden, um ihn stets griffbereit zu haben.“
Danach bedeckt der Bräutigam das Antlitz seiner künftigen Gemahlin, wie sein eigenes mit seinem Umhang. Allein vor der Eidesmutter und mit dem Traviageweihten als Zeugen, legen sie nun das heilige Gelübde ab, einander nach Travias Gesetzen und achten, zu ehren und zu lieben. Dann spendet der Priester seinen Segen und bittet bei seiner Göttin für das Brautpaar. Die Ehe gilt als geschlossen, wenn der Segen beendet ist und der Umhang sich unter dem oft ohrenbetäubenden Jubel von Gästen und Familie senkt.