Der lange Weg zur Hochzeit – Die Verlobungszeit
Wie schon erwähnt, ist die Familie im Herzogtum heilig und folgerichtig zählt die Vermählung zu den heiligsten Handlungen im Leben eines Weideners. Die Zeremonie, und beinahe noch mehr die Vorbereitung derselben, ist darum von höchster Wichtigkeit. Mancher Spötter behauptet angesichts der teilweise Jahre währenden Zeit vor der Verlobung wäre diese sogar noch wichtiger, als die eigentliche Hochzeit. Da ist durchaus etwas Wahres dran, denn in genau hier werden der Grundstein für die Ehe gelegt und die Weichen für das gemeinsame Leben zweier, sich nicht selten gänzlich fremder Menschen gestellt.
Die Verlobung zu vereinbaren ist eine wichtige Angelegenheit, und es gilt als Ehre, eine solche verkünden zu dürfen. Meist tut dies ein Elternteil, oder – bei einer von den Brautleuten selbst ausgehenden Liebesheirat – ein naher Freund und späterhin Bundzeuge. Gern werden für solche Bekanntgaben Ereignisse genutzt, die aus dem Alltag herausragen, wie Feier- oder Markttage, aber auch Adelsversammlungen oder eben Hochzeitsfeiern. So gilt in Weiden die Weisheit: „Auf eine Hochzeit folgen gern zweie!“, denn nirgendwo sonst scheinen so häufig weitere Verlobungen beschlossen, verkündet oder ins Auge gefasst zu werden, wie just auf einem Hochzeitsfest.
Unmittelbar nach der Verkündung der Verlobung treffen sich die Eltern der Brauleute, um sämtliche Angelegenheiten von Aussteuer über Zins bis hin zu Familiennamen und schließlich Rahmen der Hochzeitsfeier zu besprechen. In der Regel tun sie dies im Beisein eines Geweihten – meist des späteren Zeremonialführers –, eines Schultheißen oder eines vorgesetzten Adligen. Gründlich bis pedantisch wird dabei alles festgehalten und niedergeschrieben, was den zukünftigen Gesponsen mit auf ihren gemeinsamen Weg gegeben werden soll. Tatsächlich sind in den Ratshäusern von Trallop und Baliho, seit Neuestem aber auch in Salthel und Nordhag, „Hochzeitsschreiber“ beschäftigt. In der Stadt übernehmen sie anstelle des Lehensherren oder Ortsvorstands die wichtige Rolle des Zeugen. Getreulich notieren sie alles, beglaubigen es am Ende und streichen dafür ihren Lohn ein.
Üblicherweise beträgt die Dauer einer Verlobung einige Monate. Es hat aber auch schon solche gegeben, die mehrere Jahre währten, so kompliziert waren die Verhandlungen, ehe die Brautleute guten Gewissens ihren Treueschwur ablegen konnten. Gerade bei bedeutenden Adelshäusern kommt derlei häufig vor, denn bisweilen gilt es, ausgedehnte Besitztümer zu verwalten, Rechte zu verbriefen und Interessen gegeneinander abzuwägen. Allein die Frage, welchen Familiennamen die künftigen Ehegatten tragen werden und wie das Ehewappen beschaffen sein soll, hat schon zu Zerwürfnissen geführt, die in jahrhundertelangen Streitigkeiten endeten.
Denn ja, Verlobungen lassen sich lösen. Zwar ist das gegebene Wort auch bei einer Verlobung bindend und sein Bruch kann durchaus eine gesellschaftliche Ächtung nach sich ziehen. Aber letztlich ist noch kein Eid geleistet und bisweilen hat die Verlobungszeit auch gerade den Sinn, herauszufinden, ob manche Verbindung überhaupt realisierbar ist. Freilich ist dies etwas, was beinahe ausschließlich für Adelshochzeiten gilt. Aber es hat auch schon Bürgersleute gegeben, die am Ende zerknirscht verkünden mussten, dass eine Verlobung einvernehmlich – und mit Zustimmung des Geweihten – gelöst wurde.