Kapitel Eins
Es war einmal zur Zeit der HerzogenzwillingeThordenan, welcher der Jüngling geheißen ward, und Thordenin, den man den Schlauen nannte, dass drei Fremde aus den praioswärtigen Landen eintrafen auf der Feste des Grafen Olat.
Die Erste ward Primavera geheißen und war eine schöne Bognerin. Doch war sie keine schweigsame Jägerin, sondern überaus angenehme Gesellschaft. Es gab kaum einen, der sich nach kurzer Zeit in einem Raum mit ihr noch in der Lage sah, etwas Schlechtes über sie zu sprechen. Dem Hofgeweihten des Grafen ward dazu der Aura einer Schwanengöttin gewahr, deren Kraft in Primavera steckte.
Diese Göttin wird heut wohl Ifirn genannt.
Der Zweite nannte sich Fessir und war ein gar wilder Geselle, der die Harfe gut spielte und auch die Frauen zu betören wusste. Ein wilder Krieger konnte er sein und wenn er in Wut geriet, gab es kaum einen Gegner, der ihm standhalten konnte. Auch an ihm nahm der Hofgeweihte eine Aura wahr, von einem gehörnten Gott dessen Name heute niemand mehr kennt.
Nur dass es nicht der abscheuliche Levthan war, weiß man noch zu berichten.
Der Dritte, den sie Ucarias nannten, war ein stolzer Krieger mit gülden glänzendem Haar. Wo Fessir ein wilder Krieger war agierte Ucarias mit großem Geschick. Er verfügte über Weitsicht und ein Wissen über die Kriegskunst wie kaum ein anderer Krieger, den der Graf von Olat bisher gesehen hatte. Dazu konnte er sich in vielen Zungen verständlich machen. Er war ebenfalls von einer Aura umgeben, die nach der Überlieferung die eines Falkengottes war.
Der Hofgeweihte war sich aber sicher, dass es nicht Ucuri war.
Als der Graf sie nach ihrem Begehr fragte, sprach Fessir der Harfner: „Wir wollen in das Land jenseits des Finsteren Baches ziehen und uns dort niederlassen.“
Zuerst lachte Olat der Bogner, denn er meinte, die Fremden würden einen Scherz mit ihm treiben. Es hatte sich nämlich seit Anbeginn der Dunklen Zeiten bis zum heutigen Tag noch kein Mensch in jenes finstere Land gewagt.
Als nächstes ergriff Ucarias der Güldene das Wort: „Wir wollen uns dort niederlassen und das Land urbar machen. Dann wollen wir dort leben und herrschen!“
Auch die schöne Primavera bekräftigte den Wunsch der beiden anderen.
Da sah der Graf, dass es ihnen ernst war mit ihrem Vorhaben und trachtete, sie davon abzubringen. Denn den starken Ucarias wollte er zum Anführer seiner Streiter machen, der heitere Fessir sollte ihm die düsteren Stunden am Rande des Nebelmoores erhellen und die schöne Primavera hätte er nur allzu gerne zum Weib genommen.
So sagte er: „Wisst ihr nicht, dass die Lande jenseits des Finsteren Baches ohne Weg und Steg sind, dass dort wilde Kerle und Vogelfrauen leben! Dass man allerorten von Schwarzpelzen in großer Zahl angegangen werden kann und dass noch niemand von dort je zurückgekehrt ist, es sei denn als Toter? Bleibt lieber bei mir und ich will euch feilhalten alle Tage.“
Primavera die Schöne antwortete mit stolzer Stimme: „Wir wissen von den Gefahren der Lande jenseits des Finsteren Baches und doch fürchten wir sie nicht! Denn starker Zauber und die Gunst unserer Götter schützen uns. Zeige uns nur den Weg über den Bach und wir wollen gehen.“
Ergrimmt rief da Olat der Graf aus: „Ich will euch die Furt zeigen, wo ich einst den Finsteren Bach überquerte. Jeder von euch soll sich an dem Ort niederlassen, der ihm am besten gefällt und das Land darum herum soll ihm gehören und seinen Kindern und Kindeskindern.“
So sprach er laut aus. Bei sich im Stillen aber dachte er, dass sie in dem wilden Lande niemals einen solchen Ort finden würden und auch niemals Kinder haben würden.
Wenige Tage später brachen die drei Fremden auf und Olat der Bogner führte sie bis zum Finsteren Bach. Dort blieb er stehen, während Primavera, Fessir und Ucarias durch die Furt zum anderen Ufer wateten. Ein letztes Mal sahen sie sich in die Augen, um danach im Finsteren Forst zu verschwinden und Olat der Bogner blieb allein zurück.