Wie in vielen Belangen des Lebens setzen die Weidener auch bei der Namensgebung auf Tradition. Das sorgt bisweilen dafür, dass Kinder der Mittnacht im Herzen des Reiches belächelt werden, weil ihre Namen dort schon zu Zeiten der Großeltern nicht mehr in Mode waren. Konstrukte wie Bunsenplauter oder Faduhenne sind einfach etwas, das dem Garetier oder Almadaner von Welt nicht ohne Zögern über die Lippen kommt. Die Weidener könnte es kaum weniger interessieren: Sie tragen ihre Namen mit Stolz, weil sie oft an große Helden der Bärenlande oder an bedeutsame Ahnen erinnern.
Familiennamen und Adelsnamen
Namen setzen sich in der Mittnacht traditionell aus einem Ruf- und einem Zunamen zusammen. Hierbei sei jedoch gesagt, dass es zwischen den drei Gesellschaftsschichten zum Teil große Unterschiede gibt.
Unfreie führen oft keinen individuellen Familiennamen. Soweit vorhanden, bezieht sich der Nachname in dieser Schicht fast immer auf den Ort, aus dem die Familie stammt. So ist beispielsweise Linje Wargentrutzer eine Linje, die aus dem Ort Wargentrutz kommt. Deutlich seltener geschieht es, dass ein „aus“ zwischen den Vornamen und den Ortsnamen eingefügt wird, dann hieße besagte Linje eben Linje aus Wargentrutz.
Bei den Freien wird zwischen Stadtfreien und Landfreien unterschieden. Stadtfreie führen stets einen Vor- und einen Familiennamen, wobei sich der Familienname häufig von der Berufsbezeichnung eines Vorfahren ableitet. Als Beispiele hierfür mögen Fenia Schmiedegrimm und Angrist Seiler dienen.
Auch bei den Landfreien ist der Familienname meist aus der Berufsbezeichnung eines Ahnen hervorgegangen – oder aus einer hervorstechenden Eigenschaft, die man der Familie zuschreibt, wie in Rodunk Zornbruch oder Holdwiep Silberzunk. Eher selten kommt es vor, dass freie Bauern wie die Unfreien den Namen ihres Heimatorts führen. Dieser wird dann mit einem „aus“ verbunden. Ein „er“ am Ende, wie bei der oben genannten Linje Wargentrutzer wäre extrem ungewöhnlich.
Im Weidener Adel werden die Vornamen mit dem hinter einem eingeschobenen „von“ liegenden Familiennamen kombiniert. Hierzu sei angemerkt, dass der Weidener Adel mehr noch als die Gemeinen zu antiquierten Rufnamen neigt. Einfach, weil er als quasi „Bildungselite“ in der Geschichte der Mittnacht besser bewandert ist und dadurch leichter auf bekannte Figuren zurückgreifen kann – wobei es gern auch zwei oder drei sein dürfen. Klangvolles wie Emer Leudane von Finsterkamm oder Walram Arbogast Firminius von Dûrrnwangen ist keine Seltenheit.
Bei belehnten Adelsleuten werden die persönlichen Namen zu förmlichen Anlässen oder in offiziellen Schriftstücken um den Namen des Landes ergänzt, das sie verwalten. Das liest sich dann so: Rondrian von Blauenburg zu Wolfenbinge oder Vulcomar von Hohenlot zu Dachsbockel. Schließlich gibt es noch eine Weidener Spezialität, die gern und oft Verwirrung bei Auswärtigen stiftet: den Altvorderennamen.
Die Altvorderennamen der Weidener
Bei einigen besonders traditionsreichen Weidener Geschlechtern wird der Adelsname um den sogenannten Altvorderen- oder Ahnnamen ergänzt. Er steht zwischen den Rufnamen und dem „von“. Zum besseren Verständnis seien hier zwei Beispiele genannt: Thûan Fîrnbold von Erlbach und Firian Asralion Böcklin von Buchsbart. Bei Fîrnbold und Böcklin handelt es sich um Altvorderennamen, die tatsächlich aus grauer Vorzeit stammen, denn beide Familien blicken auf eine lange Geschichte zurück.
Die Ursprünge des Ahnnamens finden sich bereits in der Zeit Isegreins des Wanderers (460 bis 440 BF), der Menschen aus aller Herren Länder in sein junges Königreich rief, um es durch Besiedelung in Besitz zu nehmen und seinen Anspruch zu festigen. Es kamen damals nicht nur Adelige, sondern auch viele abenteuerlustige Freie, die Land und ein Auskommen für sich gewinnen wollten. Einige der mutigsten und treuesten davon erhob Isegrein in den Adelsstand, ohne ihnen neue Namen zu geben. Er ließ ihnen einfach die alten, die durch die Heldentaten ihrer Träger ohnehin bereits mit Ruhm und Ehre behaftet waren.
Personen, die ihren Adel erst auf Weidener Boden erlangten, konnte man in jener Zeit folglich oft daran erkennen, dass sie einen eigentlich gemeinen Namen trugen, an den mit einem „von“ ein Ortsname angehängt wurde – nämlich der ihres Lehens. Viele dieser Familien sind über die Jahrhunderte erloschen, es kamen aber immer mal wieder neue dazu. Namen in der alten Tradition gibt es jedenfalls noch. Als Beispiele mögen Irlgunde Rinnfoldshaus von Waldenklamm oder Allerich Waldemar Eichenstein von Dûrenhain dienen.
Mit der Zeit haben sich diese Namen übrigens teils vom Stammlehen der Familien gelöst. Das kann zu Wirrungen führen, wenn man sich mit den Weidener Adelsgeschlechtern nicht bis ins Detail auskennt. So sitzt das Oberhaupt der Familie Waldenklamm heute nicht mehr auf Gut Waldenklamm in der Heldentrutz, sondern verwaltet die Baronie Schroffenfels in der Sichelwacht. Das Waldenklamm ist jedoch mittlerweile so eng mit der Familie und dem Ahnnamen verbunden, dass niemand auf den Gedanken käme, es durch Schroffenfels zu ersetzen --- allzumal das in diesem Fall anmaßend wäre, denn die Rinnfoldshauser dienen hier lediglich als Verwalter. Der Name eines Lehens kann allenfalls dann als Adelsname gewählt werden, wenn die Familie einen vererbbaren Anspruch darauf hat.
Auch ist es vorgekommen, dass Träger von Altvorderennamen Angehörige höherer und einflussreicherer Weidener oder auswärtiger Adelshäuser heirateten. In solchen Fällen haben sie ihre an Ortsnamen angelehnten Familiennamen meist zugunsten des „echten“ und für jedermann ersichtlich bedeutsameren Adelsnamens aufgegeben. Dies gilt etwa für Familie Schildau von Binsböckel aus der Sichelwacht, deren Ahnen noch Schildau von Auerwald hießen. Nur eines würden auf Prestige und Tradition bedachte Weidener nie tun: den Ahnnamen aufgeben, der sie als Angehörige eines alten Geschlechts ausweist.
Eine Besonderheit der Altvorderenname ist, dass sie ausschließlich innerhalb der Blutlinie weitergegeben werden. Um es zu veranschaulichen: Wenn eine Grinugildis Rinnfoldshaus von Waldenklamm einen Waldhold von Leufels heiratet, darf dieser den Namen Rinnfoldshaus nicht annehmen, denn er wird durch die Heirat nicht Teil der Rinnfoldshaus-Blutlinie. Ihre Kinder hingegen sind allesamt Abkömmlinge der Rinnfoldshauser von einst. Egal, welchen Adelsnamen sie tragen – ob nun von Waldenklamm oder von Leufels – das Rinnfoldshaus wird ein jedes von ihnen verpasst bekommen. So haben es auch unbedeutendere Weidener Geschlechter geschafft, die Namen ihrer Ahnen ins Hier und Heute hinüber zu retten.
Es sei unverhohlen, dass es mit Altvorderennamen nicht immer so weit her ist, wie ihre Träger glauben machen wollen. Die Tradition wurde nämlich in jüngerer Zeit fortgeführt – und manches Adelsgeschlecht hat sich im Nachhinein einen Ahnnamen zugelegt, um der eigenen Linie mehr Gewicht zu verleihen. Tatsächlich reicht heute kaum ein Altvorderenname bis in Isegreins Zeiten zurück. Unter Herolden ist strittig, wann man einen Schlussstrich unter die alte Tradition hätte ziehen sollen, damit keine irrführenden neuen „Ahnnamen“ mehr hinzukommen. Viele würden gern eine Regelung erlassen, wonach wenigstens diejenigen, die nach der Priesterkaiserzeit unversehens irgendwo auftauchten, null und nichtig sind. Bisher konnte das aber nicht durchgesetzt werden.
Abschließend sei an dieser Stelle noch einmal explizit hervorgehoben, dass nicht jedes alte Weidener Geschlecht einen Ahnnamen trägt. Bei Familien, die schon adelig waren, als sie nach Weiden kamen, hat sich die Notwendigkeit nie ergeben. Andere erhielten Ehrennamen oder wurden zu Zeiten in den Adelsstand erhoben, als Altvorderennamen nicht in Mode waren. Prominente Beispiele dafür sind die Binsböckels und Pandlarils. Wieder andere legten schlicht keinen Wert darauf, den bürgerlichen Namen ihrer Ahnen fortzuführen. Letzteres gilt etwa für die Familie Rauheneck, die aus gutem Grund auf das Hinterkötter ihrer Stammmutter verzichtete und stattdessen seinerzeit einen völlig neuen Namen verpasst bekam.
Beispielhafte Weidener Namen
Für Frauen: Aartrude, Algrid, Alwen, Amseltraud, Birsel, Boromunde, Danje, Derlinde, Dythlind, Elfwidde, Erlgard, Erlinde, Ermentrud, Espe, Fann, Farline, Farnlieb, Feengunde, Fenia, Fiya, Firre, Frodegard, Gedrut, Gelda, Gernlind, Gerswind, Gilamund, Gunelde, Gundel, Hartfrau, Heidelinde, Hedwig, Hildelind, Holdwiep, Ilmengart, Immengard, Irmingund, Isira, Kupunda, Lanzelind, Leuefrau, Linje, Luitpercht, Luzelin, May, Mirnhild(e/a), Odila, Omwid, Osme, Peraindis, Praida, Radegunde, Raugund, Rechhild, Rondrada, Rondragabund, Rondralieb, Rotrud, Selinde, Sumunelda, Thargrin, Travegunde, Ullgrein, Waidgund, Walbirg, Walderia, Walpurga, Waltrude, Wigdis, Wolfgard, Yalagunde
Für Männer: Aarwulf, Ailfir, Aldewein, Aldifreid, Angrist, Arbolf, Avon, Bärfried, Bäromar, Brinulf, Bunsenhold, Bunsenplauter, Dankward, Dietrad, Dyderich, Edil, Einhard, Emmeran, Falk, Ferling, Feyenholdt, Firung, Firutin, Farling, Geldor, Gerbald, Gernwald, Gerwulf, Gilm, Gisbert, Giselher, Giselhold, Gorge, Grimmwulf, Hadumar, Hartmann, Heldar, Helmbrecht, Herdan, Hlutar, Ilmbold, Ingram, Isegrein, Jarlak, Kerling, Knorrhold, Kunrad, Leoderich, Leuegrimm, Lingmar, Marbert, Marmwulf, Menzel, Nolle, Pagol, Perainumund, Perdan, Radulf, Radumar, Rainald, Ralmir, Rodunk, Rondralrik, Ruodlieb, Sigiswild, Streitward, Tannfried, Thordenan, Thordenin, Tobor, Trautmann, Travihold, Ugdalf, Ulfert, Uribert, Vulcomar, Waldemar, Waldhold, Wallfried, Wilfing, Wolfhard, Wulf, Yann
Stimmige Nachnamen von Stadtfreien, Ortsnamen bei Landfreien und Unfreien sowie Lehens- und/oder Familiennamen können aus folgenden Silben zusammengesetzt werden.
Vorsilben: Aar-, Alfen-, Alten-, Amsel-, Au-, Auen-, Bachen-, Bärn-, Berg-, Blau-, Braun-, Bruch-, Burg-, Donner-, Dorn-, Dragen-, Drossel-, Dunkel-, Dürrn-, Düster-, Eichen-, Eisen-, Eschen-, Erlen-, Fahren-, Farn-, Feyen-, Finken-, Finster-, Firuns-, Friede-, Fuchsen-, Gänse-, Ganter-, Geiß-, Gerbalds-, Goblin-, Gössel-, Grün-, Hain-, Hasen-, Hecht-, Heide-, Heiligen-, Herzogen-, Hinter-, Hirschen-, Holler-, Ifirns-, Isen-, Jod-, Kalten-, Keilers-, Klein-, Kohl-, Köhler-, Korn-, Krayen-, Krammets-, Kummers-, Laub-, Mitten-, Moos-, Mühlen-, Nebel-, Nessel-, Neuen-, Nieder-, Ober-, Ochsen-, Oger-, Orken-, Perains-, Quellen-, Reiher-, Ritters-, Rode-, Roggen-, Roh-, Roß-, Rothen-, Rüben-, Schaf-, Schmiede-, Sattler-, Schnaken-, Schwarzen-, Storchen-, Sturm-, Tempels-, Tiefen-, Trutz-, Uhlen-, Unken-, Unter-, Walds-, Wasser-, Weiden-, Weißen-, Weyhen-, Wilden-, Wind-, Wolfen-, Wolfs-, Zander-.
Nachsilben: -acker, -anger, -au, -bach, -berg, -bichel, -binge, -born, -brede, -bruch, -brück, -brunn, -burg, -busch, -damm, -dorf, -eck, -feld, -fels, -feste, -fold, -füchsen, -furt, -gau, -grimm, -grund, -hag, -hain, -haus, -heide, -heim, -hof, -holz, -höh, -huhde, -husen, -hütten, -inger/in, -kamm, -kate, -klamm, -knick, -koppen, -kötter, -kuppe, -leder, -moor, -moos, -mühl,-ort, -quell, -rain, -rath, -ried, -rode, -ruh, -rungen, -schilfen, -springe, -stein, -stieg, -thal, -tann, -teich, -tobel, -trutz, -tümpel, -wacht, -walde, -wall, -wasser, -wede, -weg, -wehr, -weide, -weiher, -weiler, -wiese, -winkel, -wulfingen, -zwinge.