Handelnde Personen
- Walpurga von Löwenhaupt, Herzogin Weidens
- Eberwulf von Weißenstein, ihr Kanzler
- Gwynna die Hex’, ihre Beraterin in magischen Fragen
- Rimma Klawitter, Hauptfrau der Tralloper Scharwächter
Erwähnt
- Arngrimm von Ehrenstein, „Herzog“ von Transysilien
- Tannfried von Binsböckel, Zinsgraf
- Ardariel Nordfalk, Gräfin von Baliho
- Die Binsböckel-Brüder, Knorrhold und Borckhart von Binsböckel
- Rondrian von Blauenburg, Erster Ritter Weidens
- Yolana von den Rotwassern, Paktiererin und Gegenspielerin Pandlarils
- Windsturm, Talismanschwert der Herzöge Weidens (Schwert = Zweihänder ;-)
- Erwulf von Birselburg, mittlerweile verstorbener Baron von Teichenberg
- Rissan von Menzheim, Baron von Menzheim
- Greifgolda von Mersingen, Ardariels Kanzlerin
- Linnart von Ruckenau, Soldgraf
- Irion von Zandersprung, Ritter
- Bernfried von Ehrenstein, Herzog von Tobrien und Walpurgas Gemahl
Kurzer Zeitabriss
- Spätsommer/Winter 1034 BF: Arngrimms Getreue erobern den Aarenstein, anschließend scheitern verschiedene Versuche, zu der Burg vorzudringen. Bei einem von Gräfin Ardariel einberufenen Kriegsrat, weigern sich vor allem die Barone aus dem Süden Balihos, einen Angriff zu unternehmen – nicht zuletzt, weil sie dafür die Grenze zur Wildermark entblößen müssten.
- 1035 BF: Rückeroberung der Wildermark. Dabei stirbt Knorrhold von Binsböckel, Baron der Bollinger Heide und einer der mächtigen „Binsböckler Brüder“ aus Südbaliho. Die zwei gehörten zu den stursten Verweigerern des von Ardariel geplanten Vorstoßes.
- 1036 BF: Südbaliho konsolidiert sich nach den Kämpfen in der Wildermark und einigen herben Verlusten. Borckhart von Binsböckel, der Baron Perainensteins und zweite der „Binsböckler Brüder“ geht als Reichsrichter nach Elenvina.
- 1037 BF Rondra: Zwölfgöttertjoste in Perricum. Von dort kehrt Ardariel schwanger zurück.
- Hesinde 1037 BF: Verschiedene Gruppen werden von verschiedenen Auftraggebern ausgesandt, um die Lage am Aarenstein zu sondieren. Dabei kommen einige wertvolle Infos zusammen, die später bei der Rückeroberung genutzt werden sollen (Plot des Kaminstübchens 2016).
- Ingerimm 1037 BF: Ardariel bekommt eine gesunde Tochter.
- 1038 BF: Die Kriegsvorbereitungen für den Zug gegen Haffax/Mendena beginnen.
- Ab Ingerimm 1039 BF: Der Heerzug gegen Haffax beginnt, Ende in den Namenlosen Tagen in Mendena.
- 1040 BF: Der Heerzug gegen Haffax ist zu Ende – Ardariel hat ihre Frau Samia in der Schlacht um Mendena verloren und ist in Trauer.
- Winter 1040 BF: Arlan pilgert mit seinem Ziehvater Bernfried entlang des Bogens des Weißen Mannes und wird unterwegs auf die Schrecken rund um den Aarenstein aufmerksam. Bei der Rückkehr berichtet er seiner Mutter davon und bittet sie, in der Sache bei Ardariel nachzuhaken. Walpurga lässt ihre Gräfin jedoch erst anschreiben, als das Trauerjahr vorbei ist.
- Sommer 1041 BF: Ardariel nimmt sich der Sache wieder an. Sie lädt bekannte Unterstützer ihres Anliegens sowie einige Wankelmütige – jeweils aus Baliho – zu Besprechungen vor und lässt ihre Kanzlerin die Fühler über die Grenzen der Grafschaft hinaus ausstrecken.
- 1042 BF: Kaminstübchen 2019, Handlungseinsatz
In der Höhle der Bärin
Bärenburg, Mitte Phex 1042 BF
Mit Sorge beobachtete Rimma, wie die Kiefermuskeln der Herzogin hervortraten, als sie die Zähne fest zusammenbiss. Und das Funkeln in ihren Augen, die während des Berichts deutlich schmaler geworden waren. Wahrlich, gute Kunde hatte sie nicht überbracht, aber auch nicht mit einer so deutlichen Reaktion gerechnet. Gemeinhin hieß es ja, Frau Walpurga hätte ihr Temperament bezähmt und heuer gut im Griff. Legendäre Wutanfälle, wie einst bei ihrem Vater, hatte die Bärenburg angeblich schon länger nicht gesehen. Darauf hatte Rimma sich verlassen und war halbwegs entspannt zu ihrem ersten Rapport bei der Herrin Weidens gegangen. Jetzt gerade schien es ihr aber, als sei nicht viel dran an den Geschichten über deren Gelassenheit ...
„Nur damit ich das richtig verstehe“, brummte die Bärin mit erstaunlich tiefer Stimme. „Es hat sich während der Warenschau ein schwarztobrischer Ritter in meiner Stadt herumgetrieben, die Pferde mit einem dämonischen Artefakt scheu gemacht, Falschgeld in Umlauf gebracht und eine Geweihte des Listenreichen verschwinden lassen? Das alles, um einige unserer Tralloper für die Zucht dieses zwölfmalverfluchten angemaßten Dunkelherzogs zu entführen?“
„Ja, also im Wesentlichen ...“, Rimma räusperte sich leise. „Im Wesentlichen fehlt da nur noch, dass das bemerkt wurde und einige aufrechte Weidener sowie ... äh ... Nordmärker das Schlimmste verhindert haben.“
„Das Schlimmste? Was soll das heißen?“
„Sie haben das Amulett aus dem Verkehr gezogen und das mit dem Falschgeld aufgedeckt. Zudem ist es ihnen gelungen ... nun ja ... die meisten Tralloper wieder zurückzuholen.“
„Die meisten?“
„Nicht alle, durch eine unglückliche Fügung.“ Rimma versuchte, nicht allzu kleinlaut zu klingen. „Also, da war dieser Ritter, der sich dem Schwarztobrier heroisch in den Weg gestellt und ihn zum Zweikampf gefordert hat, damit die Pferde bleiben. Nur leider ist er unterlegen, und wenn ich es recht verstehe ... hum ... war das eine recht deutliche Sache.“
„Was für ein Ritter?“
„Ein Trutzer. Ich meine, es wäre was mit Gugelforst gewesen.“ Rimma errötete und schalt sich im Stillen, den Namen nicht aufgeschrieben zu haben. Sie war noch neu auf ihrem Posten und – anders als die meisten Schüler der Balihoer Akademie – nicht blauen Geblüts. Zwar hatte sie in den Götterläufen der Ausbildung einiges über Adelsdinge gelernt, aber es ging ihr alles nach wie vor nicht so leicht von der Hand. Kam noch hinzu, dass ihr Gedächtnis ein Sieb war, wenn es um Namen ging. Deshalb hatte sie normalerweise ein paar Notizen dabei. Nur heute nicht. In der ganzen Eile …
„Und der Schwarztobrier? Was wissen wir über den?“
„Dass er ziemlich gut kämpfen kann? Der hieß irgendwas mit Grün … Grünspan oder so?!“
„Wir wissen, dass er sich Gerwulf von Grünstein nannte, die Pferde mit dem Amulett in Panik versetzt hat, um ihren Preis zu drücken und hinterher mit Falschgeld dafür zahlte“, fügte Eberwulf von Weißenstein unnachahmlich trocken hinzu. Offenbar hatte er seine eigenen Quellen angezapft und wollte nicht länger damit warten, Frau Walpurga an seinem Wissen teilhaben zu lassen. „Das Amulett ist unschädlich gemacht worden und Tannfried hat bereits erklärt, dass er sich der Sache mit dem Falschgeld annehmen wird. Darum brauchen wir uns also nicht mehr zu kümmern. Was mir zu denken gibt ist, dass dieser Schwarztobrier in Richtung Aarenstein floh, wohin ihm aus allgemein bekannten Gründen niemand folgen konnte.“
„Ja“, Rimma griff die Bemerkung dankbar auf. Als Balihoerin kannte sie sich mit dem Aarenstein ein bisschen aus – allzumal die von Transysilien besetzte Feste in der Baronie Böckelsdorf auch auf der Akademie ein Thema gewesen war. Dieser Schandfleck in der schönsten und wichtigsten Grafschaft Weidens! Soweit sie wusste, war Gräfin Ardariel in den vergangenen Götterläufen mehrfach aufgefordert worden, die Burg zurückzuerobern. Aber stets kamen ihr „Kleinigkeiten“ wie der Starrsinn der Binsböckel-Brüder, die Rückeroberung der Wildermark oder der Heerzug gegen Haffax dazwischen. Vielleicht war es ganz gut, das Augenmerk der Herzogin einmal mit Nachdruck auf die Situation zu lenken? „In der Tat“, ergänzte sie daher. „Die Feste stellt eine Gefahr dar und das nicht erst seit gestern. Es wäre gut, sie beizeiten zu befreien.“
„Nicht beizeiten. Alsbald!“
Rimma zuckte erschrocken zusammen, als ganz unerwartet eine neue Stimme aus ihrem toten Winkel ertönte. Hastig wandte sie den Kopf, um die Sprecherin zu fixieren und nahm dabei erleichtert zur Kenntnis, dass die nicht nur sie, sondern auch den Kanzler überrascht hatte. Eberwulf schaute drein, als hätte er sich an saurer Milch verschluckt.
„Du musst aufhören, ständig unangekündigt aufzutauchen und dich dann auch noch anzuschleichen, Gwynna“, tadelte die Herzogin. „Sonst rammt dir irgendwann noch mal irgendwer aus Versehen ein Schwert in den Leib.“
Die Hexe hob spöttisch die Brauen und schien etwas sagen zu wollen, doch Eberwulf kam ihr zuvor. Während Rimma noch ungläubig starrte und kurz davor war, sich wahlweise auf die Knie zu schmeißen oder ein Schutzzeichen zu schlagen, weil sie nicht wusste, wie man sich in Gegenwart der Ewigen Prinzessin Weidens am besten verhielt, räusperte sich der Kanzler vernehmlich.
„Alsbald?!“, hakte er nach. „Wisst Ihr etwas, das wir nicht wissen?“
„Ich weiß, dass der Aarenstein nicht nur Rückzugsort, sondern auch Einfalltor war“, meinte Gwynna knapp. „Es gab zeitgleich mit den Geschehnissen in Trallop einen weiteren Vorstoß des Dunklen Herzogs – unten am Grünwasser. Über den Aarenstein hat er zwei Druiden zu uns geschickt, die viel Zeit und Kraft in einen Angriff auf Pandlaril investierten. Sie sind mit geballter dämonischer Macht gegen sie vorgegangen, in der Absicht, das ‚überderische Bollwerk der Mittnacht‘ zu schwächen, wie es einer ihrer Schergen ausdrückte.“
Nachdem das gesagt war, herrschte einen Moment lang bleierne Stille im Thronsaal. Rimma sah, wie noch das letzte bisschen Farbe aus dem Gesicht der Herzogin wich. Sie schien sich in ihren Augen zu sammeln, die dunkler und immer dunkler wurden. Schließlich stieß Walpurga ein leises „Wie bitte?“ hervor. Kaum mehr als ein Zischen.
„Zwei Schwarzdruiden haben die Macht von Efferds Gegenspielerin genutzt, um das Grünwasser zu verderben und wollten einen Angriff auf das Herz Weidens führen“, wiederholte Gwynna. „Es ist allein der Entschlossenheit unseres Ersten Ritters und seiner Begleiter zu verdanken, dass das Unglück verhindert werden konnte.“
„Ich hoffe, das schwarztobrische Pack liegt tot in seinem Blute und hat nicht ebenfalls die Flucht ergriffen?!“, donnerte es da vom Thron herunter und Rimma zog ob der unerwarteten Lautstärke unwillkürlich den Kopf ein.
„Tut es. Aber es ist gelungen, einen der niederen Handlanger zu befragen, und der hat den Auftraggeber verraten: Arngrimm.“ Gwynna zögerte kurz und seufzte, bevor sie ein pflichtschuldiges „Yolana hatte ihre Finger wohl auch im Spiel“ an. „Kein Wunder, ist es doch um die Fee gegangen, mit der sie von jeher im Zwist liegt.“
„Wie viel Schaden haben sie angerichtet?“, Walpurgas nächste Frage folgte auf den Fuß.
„Es hat Pandlaril Kraft gekostet, das dämonische Wirken einzudämmen, aber sie wird sich erholen. Meine Schwestern kümmern sich schon um die Schäden. Es ist glücklicherweise nichts, was nicht wieder behoben werden kann“, erwiderte Gwynna. „Auch in diesem Fall wurde ein dämonisches Artefakt sichergestellt. Wir haben es an uns genommen und werden es beim nächsten Treffen mit vereinten Kräften vernichten. Ich hoffe, das ist in deinem Sinne?“
Walpurga maß ihre Beraterin mit einem strengen Blick, während sie überlegte. Schließlich aber nickte sie und erhob sich dann mit einer plötzlichen Bewegung – die geballten Fäuste zum Abschied mit Nachdruck auf die Armlehnen ihres Throns donnernd und von den Zehennägeln bis zu den Haarspitzen mit Zorn gefüllt. Er ließ sie wachsen, bis sie tatsächlich wie eine riesige, finstere Bärin über ihnen aufragte. Rimma schluckte nervös und trat unsicher von einem Fuß auf den anderen.
„Er hat den Bogen überspannt!“, grollte die Löwenhaupterin. „Ich werde mir diesen stinkenden Dreckswolf greifen und ihm das Genick brechen! Wie kann er es wagen?! Für alberne Spielchen hierher nach Trallop zu kommen und uns auf der Nase herumzutanzen, das ist schon dreist genug. Aber die Fee angreifen? Das war eine Kriegserklärung, nicht weniger! Damit ist er des Todes. Wenn Bernfried es nicht macht, nehme ich mir den Lumpenhund vor. Er ist mir lange genug auf den Geist gegangen mit seiner beschissenen Impertinenz. Es wird Zeit, dass ihn jemand auf Normalmaß zurückstutzt. Herzog? Dass ich nicht lache!“
„Hoheit“, meldete sich Rimma zaghaft zu Wort. Sie wollte sich dem glosenden Blick ihrer Herrin eigentlich nicht aussetzen, aber so, wie sie sich gerade gebärdete, fürchtete die Hauptfrau, dass sie als nächstes zu Windsturm greifen und nach Transysilien reiten würde. Da schien es ihr besser, den Zorn auf ein machbares Projekt zu lenken – noch dazu auf eines, das ihr am Herzen lag. „Vielleicht wäre es ganz gut, wenn wir uns erst einmal den Aarenstein zurückholen?! Damit würde Arngrimms Leuten ein sicherer Hafen auf Eurem Land verlorengehen.“
„Wieso haben wir diesen vermaledeiten Aarenstein denn nicht längst zurück?“, raunzte Walpurga verärgert und fasste ihren Kanzler ins Auge. Zum Glück! „Was macht Ardariel denn da drüben seit Jahr und Tag, eh? Sich den Arsch auf ihrem Thron breitsitzen, oder was? Haben wir ihr nicht schon mehrfach gesagt, dass sie sich um das Problem kümmern soll?“
Eberwulf nickte pflichtschuldig, hob aber zugleich beschwichtigend die Hand: „Das ist leider nicht so einfach. Es ist immerhin eine Burg. So was lässt sich nun mal nicht im Handstreich nehmen.“
„Außerdem ist sie in Trauer“, fügte Gwynna deutlich leiser an.
„Sie hat es ja bisher nicht mal versucht!“, begehrte Walpurga auf, allem Anschein nach ohne den Einwand der Hexe wirklich wahrgenommen zu haben.
„Sie hat seinerzeit einen Kriegsrat einberufen und wollte ihre Barone davon überzeugen, die Sache anzugehen. Diejenigen aus der Schwarzen Sichel wären auch sofort dabei gewesen, aber die reichen Herrscher aus den Niederungen haben sich quergestellt“, stellte Eberwulf klar.
„Sie ist die Gräfin, sie hätte es ihnen einfach befehlen können!“
„Ihr wisst doch, dass sie einen schweren Stand hat“, wandte der Kanzler betont ruhig ein. „Sie ist jung und unerfahren. Die Binsböckler haben sich ihr schlicht versagt, dem Birselburger war jeder Anlass recht, sich dem Ruf zu widersetzen, weil ihm ihr Lebenswandel nicht zusagt, und der Menzheimer ist gar nicht erst zum Rat erscheinen.“
„Ohne Unterstützung aus dem Tiefland hätte ihr die Entsetzung der Burg niemals gelingen können, Hoheit, dort sitzen doch die starken Barone“, sponn Rimma den Faden weiter. Sie wusste selbst nicht, woher sie den Schneid nahm, reinzuquäken, während Herzogin und Kanzler sprachen. „Wenn sie die kurz vor dem Heerzug gen Mendena zu einer solchen Unternehmung gezwungen hätte, hätte ihr das das Genick brechen können. Zumal ihr das Herrschen dann rasch zur Qual werden dürfte, wenn sie sich die Familie Binsböckel zum Feind macht.“
„Also hat sie einfach gar nichts getan?“ Walpurga reagierte zwar auf Rimmas Worte, starrte aber weiterhin den Weißensteiner an – was der Hauptfrau ganz recht war.
„So nun auch wieder nicht“, Eberwulf schüttelte den Kopf. „Ihre Kanzlerin arbeitet schon lange daran, die Lage zu sondieren und Informationen zusammenzutragen.“
„Ihre Kanzlerin? Wieso denn die?“
„Das Mädchen kommt doch aus Wehrheim, Walpurga. Offenbar hat es gut aufgepasst, als es in der Akademie um Aufklärung ging. Mit der nimmt sie es sehr ernst. Allerdings scheint es die Balihoer in den vergangenen Götterläufen viele Späher gekostet zu haben, rund um den Aarenstein etwas herausfinden zu wollen. Wer sich in die Nähe dieser Burg wagt, ist des Todes. Werwölfe und Daimoniden sind uns Menschen eben überlegen, wenn es um das Aufspüren von Feinden geht“, meinte der Kanzler mit einem bitteren Unterton in der Stimme.
„Also, was wissen wir?“
„Aktuell? Das müsste ich erfragen. Linnart hat Ihrer Exzellenz von Mersingen vor einer Weile gesagt, sie soll aufhören, ständig Bericht zu erstatten“, meinte Eberwulf mit missbilligend verzogenen Lippen. „Er meinte, er sei förmlich in Papier erstickt und dass diese Wehrheimer Fähnriche in ihrer Pedanterie und Korrektheit schlicht unerträglich seien. Mein letzter Stand ist, dass sie Ritter Irion von Zandersprung beauftragt hat, sich Böckelsdorf genauer anzusehen. Der Hohe Herr macht jetzt nichts anderes mehr. Außerdem hat sie kürzlich eine Anfrage an die Angbarer Sappeure geschickt, die sich langsam wieder berappeln und einsatzfähig sind.“
„Bitte?“, die Herzogin runzelte unwillig die Stirn.
„Keine Sorge, sie ist aus Wehrheim“, beschwichtigte Eberwulf. „Sie wird keinen Schritt tun, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten. Es ging schlicht um Informationen. Baliho scheint mittlerweile auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, den Aarenstein dem Erdboden gleichzumachen.“
„Das wäre kaum ein Verlust“, meldete sich Gwynna zu Wort. „Die Burg ist heuer sicher ohnehin so verseucht, dass kein vernünftiger Mensch mehr freiwillig darin leben wollte. Lasst mich wissen, wenn die Schwestern euch in der Sache unterstützen können.“
„Ich weiß, wer uns noch unterstützen kann“, knurrte Walpurga, die dazu übergegangen war, vor ihrem Thron auf und ab zu schreiten. „Ich werde meinem Herrn Gemahl schreiben und fragen, wen er uns schickt, wenn es gegen seinen vermaledeiten Vetter geht.“ Nachdem das gesagt war, hielt sie inne, maß die anderen Anwesenden mit einem unternehmungslustigen Blick und schlug die geballte Rechte mit Wucht in die offene Linke.
„Ihr habt recht: Wir können den Stachel nicht länger in unserem Fleisch belassen! Nicht nach den Geschehnissen der vergangenen Tage. Ich übernehme das jetzt. Wir lassen Ardariel damit nicht länger allein. Vermutlich hätten wir eh schon früher tätig werden müssen … das geht also auch auf unsere Kappe. Dann jetzt eben mit doppelter Geschwindigkeit und dreifacher Wucht! Mir ist egal, welchen Furz die Südbalihoer quersitzen haben, sie werden im Herbst antanzen. Auf meinen Befehl!“ Die Herzogin bekräftigte ihre Worte mit einem knappen Nicken und machte dann eine auffordernde Geste in Eberwulfs Richtung: „Du berufst einen Kriegsrat ein. Hol Ardariel, ihre Kanzlerin und diesen Zandersprung dazu und wen auch immer wir aus Baliho sonst noch brauchen, um vernünftig beraten und entscheiden zu können. Außerdem natürlich die Kirche der Herrin Sturmesgleich. Es war ihre Burg, bevor Arngrimm sie genommen hat. Ich schätze also, dass auch die Rondrianer ein Interesse an der Rückeroberung haben. Wäre doch gelacht, wenn wir diesen Schandfleck nicht binnen Jahresfrist von Weidens Antlitz getilgt hätten!“
Rimma ging das Herz auf, als sie diese Worte vernahm. Die Umstände waren scheußlich, aber was nun daraus erwuchs, ganz in ihrem Sinne. Sie hätte es lieber gehabt, wenn dieser Schritt deutlich früher erfolgt wäre und ohne dass irgendwelche verrückten Schwarztobrier schweren Schaden auf Weidener Hoheitsgebiet anrichteten. Aber wenn das nun dazu führte, dass die Herzogin ihre abwägende Haltung aufgab, um mit aller Entschiedenheit zuzuschlagen, war am Ende des Tages ja doch etwas gewonnen.