Grafschaft: | Sichelwacht |
Herrscher: | Seyfrid von Dälckenstein |
Einwohner: | 900 |
Baronssitz: | Burg Tinzal auf dem Roten Brocken bei Zollhaus |
Orte: | Erzkaul, Hardthofen, Mühlental, Rotenbruch, Zollhaus |
Tempel: | Ingerimm-Tempel in Zollhaus |
Landschaft: | Zollhaus liegt in der Roten Sichel, karges Bergland, dichte Wälder, gefährliche Grate und dazu die eine oder andere ergiebige Mine. |
Wege: | Alte Passstraße (Baronie Ingerimms Steg - Zollhaus - Dunkelbrunn - Sinopje) |
Besonderheiten: | Die Baronie Zollhaus beherbergt den geheimnisumwobenen Dunkelsee, der Legenden zufolge Wohnort einer finsteren Fee ist. Siehe dazu auch den Roman 'Zugvogel' von André Fomferek. |
Herrschaft

Baron Seyfrid von Dälckenstein
• Sitz des Lehnsherrn
Burg Tinzal auf dem Roten Brocken bei Zollhaus
• Wappen
Folgt
• Burgen
Außer der Baronsburg Tinzal gibt es keine Burgen, dafür aber einen Fluchtturm namens Uhlenturm. Auf ihm residierten die Zollhäuser Herrscher bevor Burg Tinzal gebaut wurde – und er dient heute noch als Fluchtturm für äußerste Notfälle.
• Garnison
Sieben barönliche Waffenknechte und ein Grenzreiter, dazu zwei Dienstritter mit Lanzen und drei Büttel in Zollhaus.
Bewohner und Ortschaften
• Einwohner900 (laut Census des Jahres 1032 BF)
Brodor von Dälckenstein (Baronet)
Siggund von Mittenzwey (Ritterin, Vögtin vom Uhlenturm, Tochter des Junkers von Erzkaul)
Waigorn von Mittenzwey zu Erzkaul (Junker)
Dietrad von Kesselhod zu Isenwall (Ritter)
Oppia von Rodenscheidt zu Rotenbruch (Ritterin)
XXX von Schallenhorst zu Hardthofen (Ritter/in)
Ugisrun von Salthel (Ingerimm-Geweihte)
Hogg Kahlsteiner (Minenverwalter)
Tankred Zollhäuser (Schmied)
• Hauptort
Zollhaus (550 Einwohner)
• Weitere Dörfer und Ansiedlungen
Erzkaul (70), Hardthofen (80), Mühlental (90), Rotenbruch (50)
• Tempel und Schreine
Zollhaus Ingerimm-Tempel
Zollhaus Travia-Schrein
Zollhaus Boron-Kapelle auf Burg Tinzal
Zollhaus Firun-Schrein
Landschaften und Wege
• Landschaften und RegionenDer äußerste Süden der Baronie liegt in den Ausläufern der Roten Sichel und damit nicht ganz so hoch wie der Rest des Lehenslands. Allein hier ist in ganz bescheidenem Maß Feldwirtschaft möglich – und der Wanderer kann hin und wieder Kühe auf relativ saftigen Weiden stehen sehen. Je weiter man nach Norden vordringt, desto kleiner wird das Vieh allerdings: Hier halten die Zollhäuser bestenfalls noch Ziegen, Schafe oder Hühner.
Landwirtschaft und Viehzucht sind aber auch nicht das, was diese Baronie am Laufen hält. Nicht einmal auf die Waldwirtschaft haben sich die Menschen hier spezialisiert, obwohl reichlich Bäume vorhanden wären. Nein, die Zollhäuser verstehen sich vor allem auf den Bergbau, die Verhüttung von Erz und die Schmiedekunst. In Salthel hört man es nicht gern, aber unter Seyfrid von Dälckenstein hat sich dieses entlegene Fleckchen Erde zum schlagenden Herzen des Handwerks und der Ingerimm-Verehrung in der Sichelwacht entwickelt.
Mit der konsequenten Ausbeutung der Bodenschätze hat der Dälckensteiner vor allem in den vergangenen zehn Götterläufen für einen rasanten Aufstieg seiner Baronie gesorgt – und ein Ende ist bislang nicht absehbar. Trotz des Zuzugs vieler Handwerker, die von dieser Entwicklung profitieren wollen, bleibt eine Tatsache unangetastet: Die Menschen haben sich nur einen Bruchteil des Landes Untertan gemacht. Sie leben an den Straßen und Wegen in Zollhaus und ganz selten einmal auf Einsiedlerhöfen weiter draußen. Der Rest von Zollhaus befindet sich fest in den Händen der ungezähmten Wildnis – und teils auch in denen der Goblins.
• Straßen und Gewässer
Alte Passstraße; Dunkelwasser
• Ressourcen:
Folgt
• Besondere Orte
Das Dunkelwasser bei Zollhaus, in dem der Legende nach eine böse Fee haust. Die Ruinen von Gut Harpyienhorst, das Altbaron Arngrimm von Zollhaus komplett niederbrennen ließ, nachdem sich der dortige Lehnsnehmer in den Zweiten Weidener Unruhen auf die Seite des Usurpators Baeromar geschlagen hatte. Aggrabans Loch, eine stillgelegte Miene, in der der Geist des alten Minenverwalters sowie die gepeinigten Seelen einer Leibeigenen umgehen sollen. Der Weiler Isenveldt, der seit der Heimsuchung durch Untote im Jahr 1021 BF verwaist ist – die Dörfler sind nach Zollhaus gezogen und wollten nicht in die alte Heimat zurück.
Sonstiges
• Helden und HeiligeErdale von Zollhaus „die Nandusbraut“. Ihr wurde in einer Nacht der innigsten Gebete an den Hesinde-Sohn Nandus die Weisheit geschenkt, die es brauchte, um Kapitulation oder Tod ihrer selbst sowie ihrer Gefolgsleute zu umgehen. Statt eine dieser beiden Optionen zu wählen, ging sie am Morgen zu einem nicht näher beschriebenen Feind, der den Uhlenturm belagert haben soll. Sie verhandelte und es konnte eine friedliche Lösung des Konflikts gefunden werden.
• Feiertage
Folgt
• Talismane
Folgt
Im Detail
Weg und Steg in Zollhaus
Die Passstraße, die von Ingerimms Steg bis an den Rathil in Adlerflug führt, ist der einzige sichere Weg nach Zollhaus, also zum Hauptort und Sitz der Herrscher der gleichnamigen Baronie. Es ist außerdem die einzige gut ausgebaute Straße in diesem Lehn. Bei allen anderen handelt es sich um bessere Karrenpfade, die mal ein bisschen breiter, mal geradezu beängstigend schmal sind. Ein bequemer und sicherer Weg in den Westen – also in die Baronie Beonspfort und anschließend in die fruchtbare Tiefe Mark – ist gar nicht vorhanden. Wer sich dennoch durch die Gebirgsausläufer über die Grenze wagen will, muss mit schroffen, hoch aufragenden Bergen und tiefen, dicht bewaldeten Tälern rechnen. Die wenigen gangbaren Pfade und Pässe sehen jedes Jahr nach der Schneeschmelze anders aus, da sich dann muntere Gebirgsbächlein für kurze Zeit in reißende Sturzbäche verwandeln und Erdrutsche und Gerölllawinen auslösen, die alte Wege verschwinden und neue entstehen lassen.
Trifft der Reisende hier auf Menschen, sollte er vorsichtig sein. Denn wer in dieser Wildnis lebt, will entweder allein oder unentdeckt bleiben. Beides lässt wenig Gastfreundschaft erwarten. Neben den Unwägbarkeiten des Gebirges ist die größte Gefahr in diesem Teil von Zollhaus der Rotpelz. In den undurchdringlichen und weitgehend unberührten Fichtenwäldern der engen Bergtäler sind die Goblins die wahren Herrscher.
Die meisten Reisenden gelangen von Salthel aus über den Sieben-Baronien-Weg und die von ihm abzweigende Passstraße nach Zollhaus. Gleich hinter der sogenannten Zollhäuser Kreuzung in Ingerimms Steg beginnt die große Handelsstraße ins Bornland ihren weiten Bogen um die Wüstenei herum. Sie führt über Neu-Dragenfeld (Ingerimms Steg), Wolfegg (Herzogenthal), Tiefenfurt (Uhdenwald), Lonatfurt (Drachenstein) und Birken (Rotenforst) bis zum Ort Drachenzwinge im Bornland. Die deutlich kleinere Passstraße ist nach Nordwesten ausgerichtet und führt über Zollhaus und Dunkelbrunn (Herzogenthal) bis nach Sinopje, dem Sitz der Herrscher von Adlerflug.
Zwischen ihrem Beginn am Sieben-Baronien-Weg und dem Ort Zollhaus ist die Passstraße gut ausgebaut. Sie steigt allerdings leicht an und die sanfte, grüne Hügellandschaft wird schon bald nach der Grenze zu Zollhaus von einzelnen Felsnadeln und kahlen Abschnitten durchbrochen, in denen nur noch Nadelbäume und Sträucher auf steinigem Grund wachsen. Gleichwohl ist dies der fruchtbarste Teil der Baronie. Hier findet man die Gutshöfe der Freibauern, die entweder versteckt in engen Tälern liegen, sich an schützende Hänge schmiegen oder sogar auf kaum zugängliche Felsvorsprünge gebaut wurden, wo sie wie kleine Festen über die Felder wachen. Die Äcker eignen sich vor allem für robuste Pflanzen und so überwiegen Roggen als Sommer- und Kohl oder Kartoffeln als Winterfrucht. Auf die kleinen Zollhäuser Almen werden meist Ziegen getrieben. Wer sich vom zunehmend mühseligen Anstieg und der immer weniger lieblichen Landschaft nicht abschrecken lässt, wird alsbald mit einem überwältigenden Ausblick auf den von majestätisch aufragenden Bergen geprägten Horizont belohnt.
Danach dauert es nicht mehr lange, bis das Grün immer mehr von Felsen abgelöst wird. Bald schon gibt es nur noch kleine Almen an den Berghängen und der vormals freie Blick wird durch Felswände eingeschränkt. Hinter einer Biegung, die zwischen zwei hoch aufragenden Bergausläufern hindurchführt, öffnet sich der Blick auf ein großes Tal. In der Mitte liegt still und geheimnisvoll der See Dunkelwasser am Roten Brocken, der wie der Fuß eines Giganten in das Tal ragt. Auf dem oberen Plateau liegt die Heimstatt der Zollhäuser Barone: Burg Tinzal. Abweisend und drohend wacht das Gemäuer über das Tal und seine Bewohner – und tatsächlich sorgen die wenigen schmalen Zugänge zwischen den Bergmassiven dafür, dass das Tal gut zu verteidigen ist. Ein untrügliches Zeichen der Zollhäuser Zivilisation sind die aus dem Tal aufsteigenden Rauchsäulen, die man auch andernorts fast überall sieht, wo Menschen sich in dieser abweisenden Landschaft niedergelassen haben. Es ist der Rauch der Rennöfen, in denen das Erz verhüttet und zum berühmten Sichelstahl verarbeitet wird.
Die Passstraße führt direkt in den Ort. Wer ihrem Verlauf weiter folgt, verlässt das Tal alsbald und findet sich auf dem langen und sehr beschwerlichen Weg bis nach Dunkelbrunn in der Baronie Herzogenthal wieder. Von dort aus ist es noch mal ein gutes Stück bis Sinopje und erst kurz vor dem Rathil wird es für den Reisenden weniger anstrengend. Die Passstraße ist auf Zollhäuser Gemarkung recht gut ausgebaut, aber lange nicht so gut wie zwischen Ingerimms Steg und dem Hauptort der Baronie. Sie führt an steilen Hängen entlang, durch finstere Schluchten und es gibt viele Gelegenheiten für Hinterhalte, die leider oft genutzt werden. Trotz dieser Fährnisse und obwohl die Straße auf Herzogenthaler Gemarkung in erbärmlichem Zustand ist, wird ein beträchtlicher Teil des Zollhäuser Erzes auf diesem Weg bis Sinopje transportiert – und von dort über den Rathil weiter nach Trallop. Die Fertigstellung des Sieben-Baronien-Wegs hat dazu geführt, dass auch der Weg ins Bornland immer häufiger genutzt wird und Eisenerzeugnisse aus Zollhaus dort mittlerweile ebenfalls geschätzt werden.
Orte und Örtlichkeiten in Zollhaus
Zollhaus
Vom Bau des Sieben-Baronien-Wegs hat der Ort Zollhaus deutlich profitiert. In ihm leben heuer rund 500 Einwohner. Die meisten sind einfache Bergleute, die in der Erzmine am Fuß der Wetterhornspitze arbeiten. Eine Besonderheit bieten die Häuschen der oft leibeigenen Minenarbeiter, die – meist recht windschief anmutend – direkt an den Burgberg gebaut wurden. Denn oft verbirgt sich hinter dem Eingang und der kleinen Kate eine recht geräumige Höhle, manche sogar mit mehreren Räumen. Im Laufe der Jahre haben die Minenarbeiter ihr Tagwerk zu Hause fortgesetzt und Stück für Stück ihren Wohnraum erweitert. Da manche Familien schon seit etlichen Generationen hier leben, sind teilweise Räumlichkeiten entstanden, die ganzen Großfamilien Platz bieten. Inzwischen hat das Herrscherhaus dem aber ein Riegel vorgeschoben, indem es den Roten Brocken insgesamt zu Pachtland erklärte – das heißt für jeden Rechtschritt Raum im Berg muss eine Pacht bezahlt werden. Als Anerkennung für lange Dienste wurden bereits bestehende Höhlen hiervon ausgenommen.
Burg Tinzal
Das trutzige Gemäuer liegt oben auf dem Roten Brocken und die ältesten Häuser des Orts Zollhaus schmiegen sich eng an den Fels. Die Burg ist aufgrund ihrer Lage schon von weitem zu sehen und gehört zu den eindrucksvolleren Festungen der Grafschaft Sichelwacht. Dies nicht zuletzt, weil sich die Zollhäuser Barone so etwas aufgrund des Reichtums, den ihr Lehn abwirft, leisten können – anders als die meisten ihrer Sichler Amtsbrüder und -schwestern.
Der Uhlenturm
Vor der Erbauung von Burg Tinzal war der unzugänglich im Gebirge gelegene Eulenturm („Uhlenturm“) die Fluchtburg der Zollhäuser. Auch heute ist das alte Gemäuer ununterbrochen von einer kleinen Wachmannschaft besetzt und hat einen Ritter, der für dessen Belange zuständig ist. Dazu gehört eigentlich nur die Verwaltung der Vorräte und die regelmäßige Ablösung der Wachmannschaft. Da der Turm praktisch mitten im Gebirge steht, gibt es kein Lehen um ihn herum, das einen Ritter ernähren könnte. Deshalb kommen die Mittel für die Aufrechterhaltung des Turms direkt aus dem Baronssäckel. Der Titel des „Vogts vom Uhlenturm“ ist ein reiner Ehrentitel und wird an wichtige Vertrauenspersonen vergeben, denn trotz allem ist der Vogt im Fall der Fälle für die Unversehrtheit der Baronsfamilie und deren persönlichen Schutz zuständig. Nicht selten geht der Titel daher auch mit dem Amt des barönlichen Waffenmeisters einher.
Erzkaul
Wie die meisten Minen liegt auch Erzkaul im unwegsamen Gebirge. Um die Versorgung der rund 30 Arbeiter im Minenbetrieb zu sichern, gehört neben dem Erzstollen auch ein kleiner Weiler im Tal zu der Mine. Dieser liegt allerdings in rund drei Meilen Entfernung, sodass die Arbeiter nach ihrem Tagwerk noch einen recht strammen Fußmarsch durch das Gebirge vor sich haben. Rund um den Stollen gibt es daher auch einige Baracken, in denen übernachtet werden kann. Ein Angebot, das oft in Anspruch genommen wird, da im Herbst und Winter der Weg hinab ins Tal oft kaum passierbar ist.
Im Weiler Erzkaul leben rund 70 Seelen. Die dichten Fichtenwälder des Tals wurden nach und nach gerodet und zu Holzkohle verarbeitet. Der entstandene Platz wurde mühsam urbar gemacht. Doch nur widerstandsfähige Feldfrüchte bringen hier Ertrag: Rüben, Kohl und Kartoffeln bestimmen daher den Speiseplan und die Ernten reichen in guten Jahren gerade eben aus, um den Bedarf zu decken. In den Wäldern des Tals werden von der Dorfgemeinschaft einige Meiler betrieben, in denen Holzkohle für die Verhüttung des Erzes gewonnen wird. Wenn am frühen Morgen bei Sonnenaufgang die Frauen und Männer ihren Marsch hoch zur Mine antreten, führen sie meist große Körbe auf dem Rücken mit, in denen sie das Brennmaterial transportieren.
An der Mine angekommen, beginnt das anstrengende und schmutzige Tagwerk der Bergleute: Mit Spitzhacken und Schaufeln treiben sie den Stollen voran. Der Abraum wird in Loren verladen. Hierbei helfen oft Kinder ab zehn Jahren. Die Grubenwagen werden dann nach draußen geschoben. In größeren Minen gibt es Grubenpferde – zähe und genügsame Ponys, welche die Muskelkraft der Leute schonen. Oben angelangt wird der Abraum ins Hämmerwerk gebracht. In anderen Gebieten Aventuriens gibt es schon lange mechanische Holzkonstruktionen, wo über eine Kurbel oder ein Drehrad schwere Eisenköpfe auf das Gestein heruntergefahren werden. In der Sichel hat man sich gegen solche „bosparanische Spinnereien“ verwahrt – bis der Sohn und Erbe des amtierenden Barons allen Mut zusammennahm und drei dieser Maschinen nach Zollhaus holte, um den Menschen die Arbeit zu erleichtern. Eins der Werke steht in Erzkaul, sodass das Gestein hier nicht mehr von Menschenhand mit schweren Hämmern zerhauen werden muss, um Eisenerz von nutzlosem Stein zu trennen. Es kommt dann zur Verhüttung: Etwas abseits der Mine stehen zwei bis drei Schritt hohe sogenannte Rennöfen, meist aus Lehm oder Bruchstein. Mit den Holzkohlen wird dort der Eisenanteil des Gesteins zum Schmelzen gebracht. Der dadurch gewonnene Rennstahl ist aber noch nicht zur Weiterverarbeitung brauchbar. Er muss noch ausgeschmiedet (gegerbt) werden. Erst dieser Gerbstahl kann weiterverarbeitet werden. So gibt es meistens auch kleine Schmieden in der Nähe der Zollhäuser Minen.
Neben den verschiedenen Tätigkeiten rund um die Erzgewinnung ist ein Minenbetrieb auch recht verwaltungsintensiv und ein Minenverwalter daher unerlässlich. Dieser führt Buch über das gewonnene Eisenerz, die benötigten Werkzeuge sowie den Verkauf an Händler und Schmiede. Ihm unterstehen in der Regel ein Schreiber oder Buchhalter sowie eine kleine Wachmannschaft. Denn die Kasse mit den Verkaufserlösen muss ebenso bewacht werden wie das Erzlager. Schließlich wird nicht alles Eisen gleich verkauft. Es gibt fast immer ein mehr oder minder großes Lager, in dem ein Teil der Minenerträge zum Transport nach Zollhaus lagert. Je nach Größe der Mine sind dazu zwei bis fünf Waffenknechte notwendig.
Rotenbruch
Das Schiefergebirge der Roten Sichel bietet an vielen Orten die Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand an Bruchstein zu kommen, der als beliebter Baustoff auch außerhalb der Sichelwacht gehandelt wird. Das Recht zum Schieferbrechen liegt genau wie das zum Holzeinschlag beim Baron. Wenn die Vasallen eine Erlaubnis erhalten wollen, selbst tätig zu werden, müssen sie dafür ein Schlag- oder Bruchgeld entrichten. Und da Fichtenholz ein wichtiger Rohstoff für die Erzverhüttung ist, zahlt man dafür in Zollhaus mehr als für die Steingewinnung.
Nicht weit abseits der Passstraße gen Norden liegt zwischen zwei Bergausläufern der Weiler Rotenbruch. Kleine, ärmliche Katen schmiegen sich eng um ein großes, mit einer Palisade umgebenes Gutshaus aus Bruchstein. Innerhalb der Palisade finden sich neben dem Haupthaus aus Stein ein Stall und ein Wirtschaftsgebäude sowie ein Brunnen. Auch die Palisade ist auf einem Bruchsteinsockel errichtet worden. Hier lebt der Gutsherr mit seiner Familie. In den Katen außerhalb der schützenden Mauern wohnen die Unfreien mit ihren Familien. Sie stehen in den Diensten des Gutsherrn. Sie versorgen seine kleine Ziegenherde, die täglich ins Gebirge getrieben wird, um sich an den dürren Gräsern und Kräutern gütlich zu tun, bewirtschaften eine kleine Alm, wo Roggen und Kartoffeln angepflanzt werden, sowie die Gemüsegärten hinter den Häusern. Überwiegend wird jedoch an der nahen Bergwand gearbeitet, wo mit Spitzhacken und Hämmern Steine aus dem Fels gebrochen werden. Der Steinmetz vor Ort verarbeitet einen Teil des Abraums auf Auftrag auch zu richtigen Bausteinen oder Kunstarbeiten.
Mühlental
Im Süden der Baronie, am Fuße der ersten Bergausläufer, finden sich leicht bewaldete Hügel und fruchtbare Täler. Inmitten eines solchen Tals liegt der Ort Mühlental, umgeben von den Feldern und Äckern der fleißigen Bauern. Am Ende des Tals erhebt sich auf einem Hügel die Mühle, wo alle Bauern ihr Korn mahlen müssen und dabei der üblichen Mehlzehnt einbehalten und nach Zollhaus verschickt wird.
Gut Harpyienhorst
Das Rittergut gehörte einst der gleichnamigen Familie, die über Generationen den Baronen von Zollhaus treu diente. Dreufang von Harpyienhorst schlug sich jedoch während des Ysilia-Feldzugs auf die Seite der verräterischen Silberfalken und setzte bei seiner Rückkehr den amtierenden Baron Arngrimm von Zollhaus in seiner eigenen Burg gefangen. Glücklicherweise konnte Arngrimm unbeschadet befreit und Dreufang festgenommen werden. Anschließend begnügte sich der Baron nicht damit, den Verräter von der höchsten Zinne Burg Tinzals in die Tiefe zu werfen: Er ließ auch die übrigen Familienmitglieder festnehmen, enthob sie aller Güter und Habe als Wergeld für die Schäden durch den Verrat. Dann jagte er sie – in Säcke und Lumpen gehüllt – über die Grenze seines Lehnslands.
Das Gehöft ließ Arngrimm niederbrennen und gab Anweisung, die Ruine unberührt zu lassen – als Erinnerung daran, welche Strafe verräterischen Vasallen in Zollhaus blüht. So stehen noch heute die rußgeschwärzten Mauern des einstigen Ritterguts mitten in der Landschaft und inzwischen rankt sich manche Geschichten über Geistererscheinungen darum.
Mysteriöses und Magisches in Zollhaus
Aggrabans Loch
Mitten in der Sichel, weit ab von Wegen oder gar Ansiedlungen, kann der verirrte Wanderer – denn nur solche verschlägt es überhaupt in diese Abgeschiedenheit – auf einen über drei Schritt hohen Findling stoßen. Dieser wurde offenbar vor einen Höhleneingang gerollt. Dies allein mag schon ungewöhnlich sein, doch der Stein ist zudem mit allerlei eingeritzten Symbolen versehen. Bei näherer – kundiger – Betrachtung sind magische Zeichen zu erkennen, die der Bannung von oder dem Schutz vor etwas dienen sollen, das sich in der Höhle befindet.
Die ältesten Bewohner der Baronie können noch aus eigenem Erleben von einer Erzmine berichten, die sich dort einst befand. Legenden zufolge war der Minenverwalter, inzwischen nur noch unter dem Namen Aggraban bekannt, ein rechter Menschenschinder, der den leibeigenen Arbeitern keine Ruhe gönnte. Selbst wenn sie bis zur Erschöpfung arbeiteten, war es ihm immer noch nicht genug. Eines Tages, so sagt man, habe er alle Arbeiter in die Minen geschickt – und heraus kam an diesem Tag niemand. Stattdessen sollen in den Stollen fortan Dämonen und Geisterwesen die Mine betrieben haben. Und Aggraban war ihr Meister.
Erst eine Gemeinschaft aus Soldaten, Hexen und Geweihten konnte den Umtrieben des Schinders Einhalt gebieten und die Mine versiegeln. Doch wenn man genau hinhört, nachts oder in den namenlosen Tagen, kann man die Geister der Arbeiter stöhnen und die Dämonen lachen hören ...
Das Dunkelwasser
Es heißt, dass im Dunkelwasser, dem See bei Zollhaus, eine schwarze Fee, eine sogenannte Lamifaar, lebt. Sie soll Menschen in ihr Reich in dessen Tiefen locken, wo sie in einem Schloss aus glattem schwarzem Stein lebt. Die Zollhäuser erzählen sich, dass die Fee im Wasser des Sees wie ein abstoßendes Fischwesen (irdisch: wie ein besonders hässlicher Risso) aussieht. In ihrem Reich jedoch sei sie von atemberaubender, dunkler Schönheit. Das Wesen ist bekannt dafür, Menschen zu helfen, wenn sie einen Pakt mit ihr schließen und diesen mit einem Kuss besiegeln (irdisch: mit dem sie ihnen Sikaryan raubt). Der Legende nach verlangt sie von jedem etwas Anderes, doch noch nie hat jemand erzählt, welcher Art ihre Forderungen sind. Auch über die Gegenleistungen der Fee wird eisernes Schweigen gewahrt, es gibt aber Gerüchte, wonach sie unter anderem die Gabe besitzt, in die Zukunft schauen zu können.
Es ranken sich viele weitere Geschichten um die Fee. Laut einer davon erscheint sie der Zollhäuser Baronsfamilie immer kurz bevor ein Familienmitglied verstirbt – und gilt daher auch als Todesfee. Den Dälckensteins ist das natürlich nicht geheuer. Sie fürchten stets, dass einer von ihnen als untoter Diener des Wesens wiederauferstehen könnte. An just dieser Mär ist vermutlich tatsächlich etwas dran, denn für Weidener Verhältnisse hat die Familie einen ungewöhnlich engen Bezug zur Kirche des Boron und in Zollhaus gibt es sogar einen ziemlich prächtigen Schrein des Totengottes.
(Irdisch: Die Fee wird im DSA-Roman „Zugvogel“ erwähnt. Über Feenvampire geben die Quellen nicht sehr viel her. Bekannt ist vor allem, dass es sich um Feen handelt, die ihres Kontakts zur Anderswelt beraubt wurden, und sich entschlossen haben, nicht zu sterben, sondern sich lieber mit dem Sikaryan anderer Lebewesen am Leben zu halten. Die meisten dieser Wesen sind verbittert und hasserfüllt. Außerdem erliegen sie oft den Einflüsterungen des Namenlosen.)
Isenveldt
Von Zollhaus aus auf der gegenüberliegenden Seite des Dunkelwassers lag einst der kleine Weiler Isenveldt. Seinen Namen hatte er von der Ebene, welche sich vom Ufer des Sees bis zur nächsten Bergkette erstreckt. Hier haben sich fast alle Schlachten auf Zollhäuser Boden in den vergangenen Generationen abgespielt. Insbesondere die Rotpelze wurden hier, in Blickweite von Burg Tinzal, schon mehrmals zurückgeschlagen. Wo Boden von Schlachtentreiben aufgewühlt und mit Blut von Freund und Feind getränkt wird, da ranken sich auch Geschichten und Legenden. Fast jeder Einwohner der Baronie – vom Adeligen bis zum Bauern – weiß über Ahnen zu berichten, die auf dem Isenveldt fielen oder zu Helden wurden (oft beides). Aber auch Schauergeschichten über nächtliche Geräusche, Wiedergänger, Ghule und Irrlichter weiß man zu erzählen.
Traurige Wahrheit wurden diese Geschichten in der Nacht vom 18. auf den 19. Peraine 1021 BF: Praktisch aus dem Nichts erhob sich eine Horde Untoter aus dem Boden des Schlachtfelds. Angeführt von einem Dämon überfielen sie den schlafenden Weiler. Merkwürdig war vor allem, dass sie es dabei nicht auf die Menschen, sondern auf die Gebäude abgesehen hatten. Die Untoten wandelten durch die Häuser und Hütten, als ob sie nach etwas suchen würden. Nur wer sich ihnen in den Weg stellte wurde angegriffen. Selbst die schnell nahende Hilfe aus der Baronsburg konnte der Horde keinen Einhalt gebieten. Erst das Eingreifen einer reisenden Etilianerin beendete das unheilige Treiben.
Die Frage, wer die Untoten beschwor und warum wurde nie geklärt. Die meisten Isenveldter trauten sich danach nicht, in ihr Dorf zurückzukehren, so dass der Ort seitdem unbewohnt ist. Drei Jahre später wurden auf Geheiß des neuen Barons die Hütten abgetragen und das Material dazu verwandt, die Palisade des Ortes Zollhaus auch um die neu entstandenen Hütten der Isenveldter herum zu erweitern.
Personen in Zollhaus
Die Familie von Dälckenstein
Die Familie Dälckenstein gibt es zwar schon seit rund 350 Jahren, auf den Baronsthron von Zollhaus hat sie es aber erst während der Borbarad-Krise geschafft. Der Grund dafür ist so einfach wie tragisch: Die letzten Reste der Familie von Zollhaus, die das Amt bis dahin innehatte, sind in jenen schwarzen Jahren ausgelöscht worden. Oder jedenfalls die bekannten Reste. Der damalige Markverweser Ralmir von Zornbrecht-Hauberach ließ seinerzeit nicht nach weiteren, versprengten Mitgliedern suchen, sondern machte lieber Nägel mit Köpfen und besetzte den Thron umgehend neu. Er war der Ansicht, dass die Baronie in den chaotischen Jahren nach Borbarads Rückkehr vor allem eines brauchte: Stabilität. Die hätte sich ohne einen starken Herrscher kaum gewährleisten lassen – und in Seyfrid Dälckenstein meinte er, einen solchen praktischerweise direkt zur Hand zu haben.
Die Tatsache, dass bis heute kein Angehöriger der Familie Zollhaus aufgetaucht ist, um sich über diese Hauruck-Aktion zu beschweren, lässt zweierlei Vermutungen zu: Entweder ist sie tatsächlich ganz erloschen, oder es besteht kein Interesse daran, den Thron der gleichnamigen Baronie zurück zu fordern. Allerdings würde sich eine solche Forderung heuer vermutlich auch gar nicht mehr so leicht umsetzen lassen – immerhin sind mittlerweile mehr als 20 Jahre verstrichen, in denen die Dälckensteiner das Amt mit großer Umsicht und Zuverlässigkeit ausgefüllt haben. Dem Reichtum von Zollhaus hat ihre Herrschaft jedenfalls keinen Abbruch getan. Es ist eher das Gegenteil der Fall: Der Bergbau in der Baronie läuft ertragreich wie eh und je, mit dem Handwerk geht es bergauf und der Handel floriert.
Zollhaus als das eherne Herz der gesamten Grafschaft Sichelwacht zu bezeichnen, wäre nicht vermessen, denn nirgendwo sonst sind die Bodenschätze so reich wie hier. Oder anders: Nirgendwo sonst sind so viele ausfindig gemacht worden und nirgendwo sonst werden sie derart konsequent ausgebeutet. Dass das neue Baronshaus seit Anbeginn von eben jenen Schätzen lebte und nie davor zurückschreckte, sich näher mit den Niederungen des Bergbaus und der Erzgewinnung auseinanderzusetzen, ist ein großer Gewinn für die Baronie Zollhaus. Schon der amtierende Baron, Seyfrid von Dälckenstein, verfügt über gehörigen Sachverstand. Das Wissen seines Sohns und Erben, Brodor von Dälckenstein, geht aber noch weit darüber hinaus: Er war nach seiner Schwertleite auf Reisen und brachte aus den fortschrittlicheren Provinzen des Alten und Neuen Reichs Ideen und Techniken mit, die den Arbeitern an Minen und Rennöfen das Leben deutlich erleichtern – oder es zumindest könnten.
In Zollhaus gilt das Gleiche wie überall in Weiden: Dem Fortschritt stehen die Bewohner eher skeptisch gegenüber. Hierzulande wird vor allem Wert auf Tradition gelegt, und wer etwas Neues einführen will, muss ein erhebliches Maß an Überzeugungsarbeit leisten. Das gilt auch für Brodor, der bei seinen Bemühungen aber wenigstens eine starke Partnerin an der Seite hat: Ugisrun von Salthel, die Hochgeweihte des Ingerimm-Tempels in Zollhaus. Gemeinsam ist es den beiden gelungen, die Arbeiter in drei Zollhäuser Minen zumindest so weit vom Sinn mechanischer Hämmerwerke zu überzeugen, dass sie seit einigen Jahren – und immer weniger zähneknirschend damit arbeiten.
Die Familie von Zollhaus
Das Geschlecht derer von Zollhaus wurde in der Regierungszeit Grifo des Jungen (319-347 BF) in den Adels- und Baronsstand erhoben – zu jener Zeit also, als aus den wilden Landen im Osten Weidens die Grafschaft Sichelwacht geformt wurde. Über die Anfänge dieses Geschlechts ist wenig bekannt. Bisher hat sich niemand die Mühe gemacht, in den Kellern von Burg Tinzal nach entsprechenden Unterlagen zu suchen – und jetzt ergibt das im Grunde auch keinen Sinn mehr, da es offenbar erloschen ist.
Der letzte Baron aus den Reihen dieser Familie war Arngrimm von Zollhaus. Mit Aartraud von Weißenstein, einer Tochter des Fuchshager Baronshauses, hatte vier Kinder: Die Zwillinge Gerion und Lutisana sowie deren jüngere Brüder Gurvan und Falk. Gerion war bekannt für sein hitziges Temperament und dafür, dass niemand als seine Schwester Lutisana es zu zügeln wusste. Lutisana starb jedoch bereits mit 16 Jahren bei einem Jagdausflug – woraufhin Gerions Verhalten immer untragbarer wurde und es schließlich zum Bruch mit Arngrimm kam. Mit gerade einmal 18 Jahren brannte er durch und ward nie wieder gesehen.
Der jüngste Sohn Falk wurde damit zum designierten Nachfolger Arngrimms, da Gurvan zum Zeitpunkt von Gerions Verschwinden bereits Novize im Saltheler Praiostempel war und für die Übernahme weltlicher Ämter nicht mehr in Frage kam. Falk hatte jedoch das Pech, sich in der Baronie Ingerimms Steg aufzuhalten, als der Frevel des Liscom von Fasar stattfand und Land wie Leuten die Lebenskraft aussaugte. Will heißen: Er starb im Jahr 1015 BF. Sein Bruder Gurvan fand 2021 in der Schlacht auf den Vallusanischen Weiden den Tod und die Mutter Aartraud folgte wenige Monde später in der Schlacht vor den Toren Ysilias – was vielleicht die heftige Reaktion Arngrimms auf den Verrat Dreufangs von Harpyienhorst erklärt.
In den Namenlosen Tagen 2021 BF legte Arngrimm von Zollhaus Hand an sich selbst und schied ebenfalls aus dem Leben. Das war das Ende seines Geschlechts und so kam es in den Wirren des Krieges gegen Borbrarad und seine Schergen zum Heimfall der Baronie an den Markgrafen.
Zollhäuser Sagen und Legenden
Der Nandusstein
Die Legende berichtet, dass dereinst die Zollhäuser in den Uhlenturm fliehen mussten und dort lange Zeit vom Feind belagert wurden. Da die Vorräte zur Neige gingen und der Feind in Überzahl war, kam nur noch eine Kapitulation oder ein ehrenhafter Tod in einem aussichtlosen Ausfall in Frage. Baronin Erdale von Zollhaus soll sich einen letzten Tag Bedenkzeit ausgenommen haben. Im Laufe dieses Tages und der Nacht lief sie, still vor sich hin grübelnd, durch den gesamten Turm. Um sie nicht zu stören, ließ man sie vollständig allein und Waffenvolk sowie Dienerschaft verbrachten den Tag im Vorhof. Bei Sonnenaufgang verließ sie den Turm, ging ohne zu zögern hinaus ins feindliche Lager und verlangte den Anführer zu sprechen. Noch vor dem Mittag setzte sich die feindliche Armee in Bewegung und verließ Zollhaus auf nimmer Wiedersehen.
Auf die Frage, wie sie dies angestellt hätte, behauptete Erdale, dass sie auf ihrer Wanderung durch den Turm einen Wandstein bemerkt hätte, auf dem sie die Silhouette eines Einhorns erkannte. Sofort wäre sie auf die Knie gefallen und hätte inbrünstig zu Nandus gebetet, auf dass er ihr die Weisheit schenken würde, einen Weg aus dieser hoffnungslosen Situation zu finden. Im Anschluss hätte sie den Stein geküsst und just in diesem Moment hätte sie gewusst, was zu tun sei. Leider hat Erdale, die fortan den Beinamen ‚Nandusbraut‘ trug, niemandem verraten, wo im Turm dieser Stein zu finden war. Man kann aber davon ausgehen, dass in den nachfolgenden Generationen sicher jeder einzelne Stein vorsichtshalber geküsst wurde. Ob außer Erdale hierdurch jemand Weisheit erlangt hat, ist nicht bekannt. Verraten hat es zumindest keiner. Erdale selbst herrschte noch viele Jahre in Frieden mit ihren Nachbarn. Auch von Goblinübergriffen in ihrer Herrschaftszeit ist nichts bekannt.
Der Riese Schmelzer
„Einst fanden keine Jahreszeiten ihren Weg in die Sichel. Immerwährend regierte Firun mit Eis und Schnee über das Land. Ein Frostriese, nicht weniger grimm und unbarmherzig als sein Herr, wanderte unablässig durch das Gebirge. Auf und ab und auf und ab. Und wo seine Füße – ein Acker groß – den Boden berührten, da wurde dieser zu Eis. Sein Atem bildete dunkle Frostwolken, aus denen es schneite und wo sein Blick hin fiel, erstarrte alles zu ewigem Eis. Kein Mensch konnte dort leben, wo der Riese war. Wenn er doch welche fand, die es versuchten und sich redlich mühten zu überleben, schüttelte der Riese die Berge und ließ Lawinen in die Täler herab, auf dass sie die Menschen und ihre Behausungen unter sich begruben.
Ifirn dauerten die Menschen. Deshalb bat sie ihren Vater, den Riesen zu zügeln, auf dass sie frei wären, dort zu leben, wo sie es wünschten. Doch Firun ließ sich nicht erweichen. So machte sich die Schwanengleiche auf, um selbst mit dem Frostigen zu sprechen und sein Herz zu erweichen, welches aus purem Eis bestand. Aber alle Mühe schien vergebens, denn der Riese hasste die Menschen und kannte kein Gefühl.
Da setzte sich Ifirn auf den Gipfel des Wetterhorns und klagte ihr Leid den Sternen, wofür sie eine traurige Melodie sang. Als der Riese aber diese Melodie vernahm und die tiefe Trauer der Tochter seines Herrn bemerkte, geschah es, dass sein eisiges Herz sich erwärmte. Er setzte sich neben die Milde und begann zu ihrer Melodie zu weinen. Seine Tränen aber waren wie warme Bäche, die den Schnee davon schwemmten. Und da er nicht mehr umherlief, streiften sein Blick und sein Atem nur noch die höchsten Gipfel der Sichel.
Da kam der erste Frühling. Seit diesem Tag macht der Riese, der fortan Schmelzer genannt wurde, in jedem Götterlauf eine Rast auf dem Wetterhorn und erinnert sich jener rührenden Melodey der Firunstochter. Jedes Mal aufs Neue bringt diese ihn zum Weinen und vertreibt dadurch den Winter aus den Tälern der Sichel.“