Briefspieltext von Axel von 2024
Urkenfurt, Rondra 1046 BF
Auf den abgeschiedenen Wiesen östlich von Urkenfurt waren die Arbeiten am Kloster Beonslob in vollem Gange. Zahlreiche Handwerker und Unterstützer leisteten trotz der Hitze ihren frommen Dienst an der Gütigen Göttin und unterstützten die Therbûniten aus Beonfirn dabei, ihr neues Ordenshaus in der Baronie Urkentrutz zu errichten. Die gütige Lyssandra von Finsterborn hatte bewirkt, dass die im Volksmund auch Beoniter genannten Perainediener hier eine weitere Wirkungsstätte erhielten, mit der sie ihre besonderen Kenntnisse der Pflanzen- und Heilkunde mehren und verbreiten konnten.
Doch in den letzten Wochen waren einige besorgniserregende Unfälle aufgetreten, die nicht nur die Bauarbeiten verzögerten, sondern auch das Leben der Helfer in Gefahr brachten. Baumeister Treuwulf Hahnenschrei war aufgrund eines seltsamen Schwindels unlängst vom Gerüst gestürzt und hatte sich das Bein gebrochen. Unachtsam befestigte Balken hatten sich gelöst und den Steinmetz Helmrich begraben. Mehrere Helfer wie die Zimmersfrau Silla klagten über Benommenheit und Schmerzen in den Gliedern. Mit sorgenzerfurchter Stirn behandelte Vater Erlmund – der Hüter der Saat von Beonslob – die Geschwächten und Verletzten. Doch die Lage sollte sich noch weiter zuspitzen. Die Grasflächen rund um die Baustelle begannen immer mehr zu verdorren – während andernorts die Wiesen weiterhin grün blieben. An der sengenden Praiosscheibe konnte es also nicht liegen. Die Schäfer und Viehhirten vor Ort klagten, dass ihre Tiere von dem „schlechten Gras“ krank wurden und starben.
Während ihre Mutter im Horasreich weilte, trug Minerva von Finsterborn die Verantwortung für die Baronie Urkentrutz. Verzweifelt suchte die junge Baroness nach Antworten. Die große, gertenschlanke Frau mit dem langen, dunklen Haar und den klugen, blauen Augen hatte erst vor kurzem ihren 19. Tsatag gefeiert, doch spürte sie die Verantwortung angesichts der schrecklichen Vorkommnisse nun besonders stark auf ihren Schultern lasten. Auch ihr Schwertvater, der wackere Ritter Oberon von Uhlredder, und seine Frau Danje waren ratlos.
Hilfesuchend wandte sich Minerva auch an Mirya von Brachfelde, die Tochter ihres Schwertvaters Accolon und der beliebten Bardin Yolanda von Brachfelde. Die junge Ritterin war bekannt für ihre ernste Entschlossenheit und ihren frommen Glauben an die Gütige Göttin. Seit ihrer Knappenzeit zu Beonfirn fühlte sich Mirya den Beonitern eng verbunden. So sehr, dass sie sich nach ihrer Schwertleite ganz dem Schutz der wohltätigen Klostergemeinschaft verschrieben hatte. Im Peraine 1044 BF hatte sie schließlich die ehrenvolle Aufgabe übernommen, den Bau des neuen Ordenshauses bei Urkenfurt vor Unbill zu bewahren.
Sogleich kniete die Ritterin vor der jungen Baroness zu Urkentrutz nieder und schwor, das Rätsel zu lösen und die Vorfälle, die der Errichtung von Beonslob im Wege standen, zu untersuchen. Minerva von Finsterborn lächelte erstmals seit längerem wieder. Wohlwollend musterte sie Mirya von Brachfelde, die in ihrer verschlossenen und bedachten Art ganz dem Vater ähnelte: Umrahmt von schulterlangem, dunkelbraunem Haar zeigten die Züge ihres hübschen Gesichts mit den vielen Feenküssen Mut und Entschlossenheit. Ihre so markanten, blauen Augen strahlten wie stets und spiegelten ihre hohe Hingabe für ihre Aufgabe wider. Ihre schlanke und wendige Gestalt hatte sie mit einer hervorragend gearbeiteten, punzierten Lederrüstung gewappnet, die ihr beim Reiten und Erkunden weniger im Weg war als ein schweres Kettenhemd. Der dunkelgrüne Bauschmantel, ein Geschenk ihrer Mutter, sollte sie vor Efferds wechselhaften Launen beschützen. Ohne ihr ruhiges, selbstbewusstes Auftreten hätte man Mirya fast für eine Waldläuferin halten können.
***
In den nächsten Tagen hörte die Brachfeldenerin geduldig den besorgten Berichten der Handwerker und Helfer zu, die ihre provisorischen Hütten unweit des Klosters errichtet hatten. Immer wieder untersuchte sie die Unglücksstellen und besah gemeinsam mit einem der Therbûniten die verendeten Tiere. Allmählich wurde Miryas Unbehagen zur Gewissheit: Eine dunkle und unheilvolle Präsenz lag über dem Kloster, und die junge Frau spürte, dass sie in eine finstere Geschichte hineingezogen wurde.
Mirya beschloss, mit ihrem treuen Hengst Silberwind die Gegend zu erkunden. Dabei stieß sie eines Abends auf eine abgelegene, heruntergekommene Kate. Im Inneren lag auf einem kärglichen Strohlager ein ausgemergelter, bärtiger Mann, von Krankheit gezeichnet. Ferdil, der Hirte, lag im Sterben. Mit schwacher Stimme berichtete er, dass er vor einigen Wochen ein Dutzend Schafe übernommen hatte, ein Geschenk der Ritterin zu Natternhag an das Kloster Beonslob. Ganz gewöhnliche Tiere, bis auf einen stattlichen, schwarzen Schafsbock. Bald hatte Ferdil erkannt, dass mit diesem Bock etwas nicht stimmte. Er schien ein dunkles, zorniges Wesen zu haben, das auch die anderen Tiere verrückt machte. Womöglich würde er auch dem Kloster Unheil bringen. In seiner Not hatte der Hirte versucht, den Schafsbock zu erschlagen. Doch schien das verfluchte Tier sein Vorhaben geahnt zu haben: Blökend fiel es den Mann an und biss ihm fürchterlich ins Bein, bevor es Reißaus nahm.
Traurig besah sich Mirya die eiternde Wunde und musste erkennen, dass dem Alten nicht mehr zu helfen war. So blieb sie bei ihm, um ihm den Trost der Gütigen Göttin zu spenden. Wenig später vernahm er Golgaris Schwingen und schloss für immer die Augen.
Eine schreckliche Erkenntnis ließ die Ritterin aus ihrer Trauer hochfahren: Hatte sie nicht vor Kurzem einen schwarzen Schafsbock in einem der Gatter am Kloster gesehen? Wenn das das gesuchte Tier war, war es womöglich auch für die schrecklichen Vorkommnisse verantwortlich. In wildem Galopp kehrte die junge Ritterin nach Beonslob zurück. Doch zu ihrem Entsetzen musste Mirya bei ihrer Ankunft feststellen, dass das Unheilstier abermals entwischt war.
Hastig berichtete sie Minerva von Finsterborn, Ritter Oberon und Vater Erlmund von ihrer Entdeckung. Übereinstimmend kamen sie zu dem Schluss, dass der Schafsbock verflucht sein musste. Ohne zu zögern entschied sich die tapfere Ritterin aus Brachfelde, das Tier zu finden und den Fluch zu brechen. Bewaffnet allein mit ihrem Schwert, einer edlen Klinge aus der barönlichen Schmiede ihres Onkels Gamhain, wollte sie sich auf die Suche machen. Doch die junge Baroness bestand darauf, dass der brummelige Kolja und die wortkarge Sina, zwei erfahrene Waldläufer, Mirya zur Seite stehen sollten. Ihren Schwertvater Oberon, der ebenfalls darauf brannte, das Untier zu töten, bat Minerva, an ihrer Seite zu bleiben und auf die Brachfeldenerin zu vertrauen.
Die Jagd war lang und anstrengend, denn immer wieder entwischte die gesuchte Kreatur seinen Häschern. Schwer atmend wollte die junge Ritterin kurz an einem abgelegenen Teich ihren Durst stillen. In einiger Entfernung vernahm sie das Rufen von Sina und Kolja, die offenbar auf eine frische Fährte gestoßen waren. Als sich Mirya jedoch umwandte, sah sie sich unversehens dem schwarzen Schafsbock gegenüber. Wild schnaubend und blökend stellte er sich ihr entgegen, stampfte mit den Hufen und taxierte sie mit seinen bösen, gelben Augen. Urplötzlich schoss er auf sie zu. Mit Händen, die stärker zitterten als es ihr lieb war, stand die Brachfeldenerin mit erhobener Klinge da und ließ das schnaubende Tier bedenklich nah herankommen, ehe sie beherzt zur Seite sprang und ihm mit einem einzigen mächtigen Hieb den Kopf vom Leib trennte.
Zuversichtlich, dass der Fluch nun gebrochen war, ritten Mirya und ihre Gefährten zurück nach Urkenfurt und präsentierten der erleichterten Baroness und dem Ritter Oberon den Schädel des Schafsbocks. Doch wer hatte diesen Fluch gewirkt? Welche götterlosen Gesellen wollten den Bau von Beonslob verhindern?
Mirya wusste, dass sie noch immer nicht alle Antworten hatte und dass sie sich weiterhin auf die Suche nach der Wahrheit machen musste. Mit ihrem treuen Silberwind, den beiden Waldläufern und dem Segen der Beoniter machte sich die junge Ritterin auf den Weg nach Natternhag, woher der verfluchte Bock stammte.
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Die blauen Augen zu Schlitzen verengt musterte die junge Ritterin die dunkle, grüne Mauer vor sich, die die Grenze zu den finsteren und gefährlichen Tiefen des Blautanns bildete. Die Bäume ragten wie unheilvolle Schatten in den Himmel, und das zaghafte Licht der Sonne konnte sich kaum einen Weg durch das dunkle Geäst bahnen. Hier saß sie nun auf dem Rücken ihres stolzen Hengstes, der nervös hin und her tänzelte. Der Wind heulte und blies Mirya immer wieder ihre dunklen Haare ins Gesicht. Sie wusste, in welche Gefahr sie sich begeben würde – doch sie war entschlossen, das Rätsel um den Fluch endlich zu lösen. Um sich Mut zu machen, blickte sie zu Kolja und Sina, die gerade ihre Bögen spannten. Die erfahrenen Waldläufer kannten diesen Wald und welche Kreaturen er barg. Mit grimmiger Zuversicht nickten sie der jungen Brachfeldenerin zu. Mirya seufzte und setzte Silberwind in Bewegung.
In Natternhag hatte sich eine neue, beunruhigende Spur aufgetan, die sie hierhergeführt hatte. Gormla vom Blautann, die hiesige Ritterin, hatte fassungslos angehört, was sich beim Kloster zugetragen hatte. Miryas bohrende Fragen, ob Gormla gewusst habe, dass unter den Tieren – ihrem „Geschenk“ an die Beoniter – ein verfluchter, schwarzer Bock gewesen war, wies sie mit ungläubiger Empörung zurück. Die Natternhagerin war sich keinerlei Schuld bewusst.
Dann hatte sie sich an einen ungewöhnlichen Vorfall erinnert: Vor mehreren Wochen hatte sich ein Schafsbock losgerissen und war in den nahegelegenen Blautann gelaufen. Das war nicht ungewöhnlich, da sich immer wieder Tiere von den Weiden in den Wald verliefen. Ein junger Hirte hatte den Bock nach einigen Tagen wiedergefunden und zurückgebracht.
Diesen Mann trafen Mirya und ihre Begleiter in einem zerrütteten Gemütszustand an. Mit tonloser Stimme sprach er von geisterhaften Erscheinungen, die bereits einige Schafe in den Wald gelockt hatten. Gormla wollte davon nichts hören. Man sollte besser auf das Vieh aufpassen. Eindringlich warnte der Hirte die Ritterinnen vor den Gefahren des Blautanns und schickte sie weiter zur Hütte der alten Ulgirda. Die Alte wüsste über die Geheimnisse, die tief im Wald verborgen lagen, mehr als alle anderen.
Und tatsächlich kannte das hutzelige, zahnlose Kräuterweib eine alte Geschichte, die von einem dunklen Ort sprach - dem ‚Hain der Verdammnis‘. Dort, so hieß es, hatte vor mehreren Generationen eine verhängnisvolle Liebschaft zwischen Yendor vom Blautann, einem früheren Ritter zu Natternhag, und einer geheimnisvollen Hexe namens Rhodena stattgefunden. Der kühne und lüsterne Ritter hatte sich immer wieder heimlich mit der Tochter Satuarias getroffen, und ihre Liebe war wild und ungestüm gewesen. Doch irgendwann erinnerte sich der Ritter an seine Pflichten gegenüber den Traditionen seiner Familie und wurde von seinem Gewissen geplagt. Yendor wollte fortan ein ehrbares Leben führen und daher mit einer anderen Frau – einer von adligem Geblüt – den Traviabund eingehen.
Rhodena, von Eifersucht und Verzweiflung getrieben, hatte mit allen Mitteln versucht, die bevorstehende Vermählung zu verhindern, wusste sie doch um ein Kind unter ihrem Herzen. Mit einem Zauber lockte sie ihren Geliebten zu einem Hain inmitten des Blautanns, um ihn an sich zu binden. Darüber, dass die Tochter Satuarias immer noch nicht von ihm ablassen wollte und gar von einem Kind redete, geriet der junge Ritter aber in unbändigen Zorn. Völlig außer sich erdrosselte Yendor Rhodena, um sich von ihr endgültig zu befreien.
Seit diesem tragischen Ereignis war die Seele der Hexe an den ‚Hain der Verdammnis‘ gebunden.
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Die Urkentrutzer Waldläufer führten Mirya geschickt durch das Labyrinth aus Bäumen und Gestrüpp. Der Blautann war ein verwunschener und gefährlicher Ort, der schon so manchen verloren hatte. Die Ritterin fürchtete den düsteren Tann, doch ihr Glaube an die Gütige Göttin half ihr, unbeirrbar an ihrem Vorhaben festzuhalten.
Die Dunkelheit begann schon hereinzubrechen, als sie eine schmale Lichtung erreichten. Um ein loderndes Lagerfeuer hatte sich eine Gruppe von Köhlern versammelt, die Gesichter von Ruß geschwärzt. Furchtsam griffen sie zu ihren Knüppeln, doch rasch konnten Kolja und Sina sie beruhigen, dass man ihnen nichts Böses wollte. Die Köhler erzählten der jungen Frau aus Brachfelde von einer schattenhaften Gestalt, die ihnen Angst einjagte, und wiesen ihr schließlich den Weg zum ‚Hain der Verdammnis‘.
Tiefer im Blautann erreichten sie den verhängnisvollen Ort, an dem die Tochter Satuarias aus der alten Geschichte ermordet worden war. Das Rauschen der Bäume war immer lauter und das Knarzen der knorrigen Äste noch bedrohlicher geworden, so dass die beiden Waldläufer den Mut verloren. Angsterfüllt boten sie der Ritterin an, ihr Rückendeckung zu geben, und sie erkannte, dass sie den letzten Weg nun allein beschreiten musste.
Die Dunkelheit schien schier nach Mirya greifen zu wollen, als sie vorsichtig den Hain betrat. Plötzlich hörte sie ein leises Schluchzen. Der Laut kam aus dem dornigen Unterholz. Und auf einmal erhob sich dort vor ihr die geisterhafte Gestalt einer Frau. Ein unwirkliches, bläuliches Leuchten ging von ihr aus. Ihr langes Haar hing wirr um ein zerrissenes Gewand, das ihren fahlen Leib bedeckte, und ihre Augen waren erfüllt von Hass und unsäglichem Schmerz. Dies war die gequälte Seele der Hexe Rhodena, die den schwarzen Schafsbock verflucht hatte. Aus Rache an den Nachfahren des Ritters Yendors zu Natternhag, der ihre Liebe so schändlich verraten hatte.
Trotz ihres vor Furcht pochenden Herzens redete die junge Brachfeldenerin lange und behutsam auf die hasserfüllt keifende Geisterfrau ein, bis diese sich endlich beruhigte. Die gepeinigte Rhodena erzählte schluchzend von ihrer Liebe zum Ritter Yendor vom Blautann und davon wie er sie betrogen und zurückgewiesen hatte, bis er sie schließlich an diesem Ort erdrosselte. Der dunkle Hain selbst schien damals Gefallen an der niederträchtigen Tat gefunden zu haben, denn er zog ihre Seele an sich und nahm sie gefangen. So musste Rhodenas Geist hier mehr als 100 Götterläufe sein Dasein fristen.
In ihrem Sinnen auf Rache hatte die Hexe jeden Bezug zu Zeit und zu den Geschehnissen um sie herum verloren. Den Ritter zu Natternhag, dem ihr Hass galt, wähnte sie noch unter den Lebenden. Endlich fand sie einen Weg, wie sie Tiere von den Wiesen am Rande des Blautanns zu sich locken konnte. So war es ihr schließlich in ihrem Hass auch gelungen, den schwarzen Schafsbock mit einem bösen Fluch zu belegen, dem stärksten, den sie je zu wirken in der Lage gewesen war.
Bedacht wählte Mirya von Brachfelde ihre Worte, um der Hexe aufzuzeigen, dass der Fluch nicht etwa sein eigentliches Opfer getroffen hatte, sondern ganz unschuldige Menschen. Als Rhodena verstand, welches Unheil sie über das Kloster Beonslob gebracht hatte, zeigte sie tiefe Reue. Schluchzend flehte die Geisterfrau Mirya an, ihr endlich Erlösung zu bringen. Ihre gebundene Seele würde erst dann frei sein, wenn die Nachfahren Yendors aufrichtig die begangene Tat bereuen würden. Rhodenas Leid rührte Miryas Herz und so versprach sie, dass ihr Gerechtigkeit widerfahren sollte.
***
Zwei Tage später begegneten sich vier ungleiche Frauen auf dem ‚Hain der Verdammnis‘: Mirya von Brachfelde hatte Gormla vom Blautann überzeugen können, mit ihr zu kommen. Nur mit größtem Widerwillen hatte die Ritterin zu Natternhag den Wald betreten, den sie aus gutem Grund von jeher mied. Den beiden Ritterinnen gegenüber stand der durchscheinende Geist Rhodenas, rastlos in wirren Gedanken verloren. Und auch die alte Ulgirda war da, nachdem Mirya sie ins Vertrauen gezogen hatte. Tatsächlich wusste das Kräuterweib um ein altes Ritual, mit dem sie den Geist ihrer „Schwester“ erlösen wollte. Mirya widerstrebte das befremdliche, wenig perainegefällige Vorhaben, unterdrückte ihr Unbehagen aber zugunsten der möglichen Errettung einer armen, gefesselten Seele.
Ulgirda stimmte einen kehligen Singsang an und deutete den Frauen, sich an den Händen zu fassen. Eine merkwürdige Kälte ließ Gormla und Mirya erschaudern, als sie die Geisterfrau berührten. Mirya konnte nicht anders, als im stillen Gebet Trost bei der Gütigen Göttin zu finden.
Schließlich war es an der Zeit: Feierlich erklärte die Ritterin zu Natternhag, dass sie die Untat ihres Vorfahren Yendor verurteilte und das Leid, das Rhodena widerfahren war, zutiefst bedauerte. Während sie diese Worte sprach, begann sich die Dunkelheit merklich zurückzuziehen und die Bäume, die einst bedrohlich gewirkt hatten, strahlten nun in einem warmen Licht. Mit einem dankbaren Lächeln verblasste Rhodenas Geist und war schließlich ganz verschwunden.
Wenige Zeit später erstattete Mirya von Brachfelde der jungen Baroness zu Urkentrutz, dem Ritter Oberon von Uhlredder und Vater Erlmund Bericht. Glücklich und erleichtert dankte Minerva von Finsterborn der tapferen Ritterin dafür, dass die Arbeiten am Kloster Beonslob nun endlich wieder in Frieden voranschreiten konnten.