Die Weidener sind ein abergläubisches Völkchen. Die Angst, der schweigsame und gestrenge Herr des Todes könnte auf sie aufmerksam werden und sie vor ihrer Zeit zu sich rufen, ist vor allem bei der einfachen Bevölkerung weit verbreitet.

So sagt man, dass es Unglück verheiße, den Namen Borons auszusprechen, und dass das Erscheinen eines Raben den nahen Tod einer Person ankündigen kann. Es ist unter diesen Umständen wenig verwunderlich, dass die Weidener den Geweihten des Schweigsamen mit einer tief sitzenden, der Furcht vor dem Tod entspringenden Vorsicht begegnen. Sie richten nicht als Erste das Wort an einen Diener Borons und vermeiden es tunlichst, ihm in die Augen zu sehen, denn dort könnten sie ja den eigenen Tod erblicken.

Insbesondere Geweihte, die von Dorf zu ziehen, um die Totenacker zu pflegen und bei Bedarf die Weihen der Totenstätten zu erneuern, bekommen dies zu spüren. Es kostet viel Zeit, Mühe und Geduld, den Menschen in Weiden ihre Furcht zu nehmen und ihr Vertrauen zu gewinnen und die wenigsten Boronsdiener bleiben lange genug an einem Ort, um dies erreichen zu können. Nur wenige haben die Kraft, sich ein Leben lang gegen die beharrliche Ignoranz ihrer Schäflein zu stellen, ohne zu verzweifeln oder zu verbittern. So zieht es viele Geweihte nach einigen Jahren Dienst wieder fort in andere Regionen des Mittelreichs.

Die daraus resultierende, eher schwache Vertretung der Boronkirche in Weiden führt dazu, dass die wenigsten Bestattungen tatsächlich von Geweihten des Totengottes vorgenommen werden, auch wenn nahezu jedes Dorf einen eigenen Boronanger hat. Meistens sind es je nach Region oder Stand des Verstorbenen Diener Rondras oder Travias, die die Riten vornehmen.

Mancherorts haben sich eigene Bestattungsbräuche entwickelt, wie zum Beispiel der, dem Verstorbenen ein aus Weidenästen oder Stroh geflochtenes Boronsrad mit ins Grab zu legen. In der Nähe unheimlicher oder als verflucht geltender Orte wie dem Nebelmoor, dem Blautann oder der Acheburg werden den Toten so die Angehörigen es sich leisten können bisweilen auch mit einer Silbermünze im Mund begraben. Dies soll verhindern, dass der Verstorbene die Hinterbliebenen als Geist oder sonstiger Wiedergänger heimsucht. Wer keine Silbermünze entbehren kann oder erst gar keine hat, behilft sich mit dem, was er bekommen kann, wie zum Beispiel dem polierten Bruchstück eines alten Topfes oder eines Zinnlöffels.

Die Kirche Borons in Weiden

Aus oben genannten Gründen ist der Einfluss der Boronkirche in den Bärenlanden verschwindend gering. Ihre Diener streben auch gar nicht nach mehr, sie haben den Kampf gegen den Widerstand der furchtsamen Weidener längst aufgegeben und begnügen sich damit, zu den Zeiten und an den Orten ihren Dienst zu versehen, an denen die anderen Kirchen beim besten Willen nicht für sie einspringen können.

Rund um die wenigen Borontempel in Weiden ist das Ansehen der Kirche etwas besser und ihre Geweihten haben mit weniger Vorurteilen zu kämpfen. Dort, wo man die Diener des Raben allenfalls von der Durchreise und gelegentlichen Begräbnisritualen kennt, sind die Menschen jedoch meist sehr froh, wenn die schweigsamen Schwarzgewandeten wieder von dannen ziehen.